Noch wirkt es baufertigstellungsbedingt etwas anämisch, aber ich kann mir gut vorstellen, dass diese Stadtlandschaft sehr lebendig wird. Heute gab es die Möglichkeit, einen Blick in das Campagne-Areal in der Reichenau zu werfen. Das Architekturbüro Bogenfeld erläuterte den Versuch, einen mittelalterlichen Stadtraum neu zu interpretieren. Ich erinnere mich, dass solche Ansätze in meinem Studium nicht gern gesehen wurden, da das, was wir an einer mittelalterlichen Stadt mögen, aus völlig anderen Grundlagen resultiert, als die gewollte pittoreske Empfindung (ich denke das z.B. an die Ausagen von Horst Parson über den Einfluss der Scholastik auf den damaligen Städtbau).
Wenn man nun aber durch die Anlage geht und sich die Wohnungen und die Möglichkeiten der Nutzung der robusten Sockelzonen ansieht, merkt man, dass die scheinbar mittelalterliche Raumbildung aus einer zeitgemäßen Intention herauskommt - nämlich vielfältige Wohnungen und öffentlichen alsauch halböffentlichen Außenraum mit individuellen Merkmalen zu kreieren.
Zwar sieht man der Nordseite der Anlage dann doch die Zwangsvorgaben des sozialen Wohnbaus an, aber selbst dieser eher eintönig gestalteten Bereich hat auch seinen öffentlichen und halböffentlichen Anteil an den Räumen, in denen sich eine den Wohneinheiten übergeordnete Heimat bilden wird.
Das Weiterwachsen des Campagneareals wird ein Work-in-Progress sein, wie die Verteter der Wohnbaugesellschaften betonen. D.h. man wird nun untersuchen, wie dieser erste Abschnitt angenommen wird und aus diesen Erfahrungen die weiteren Abschnitte entwickeln.
Die Brücke die man im Bild sieht, dient übrigens dem Zuganang zu einem der Dachgarten, die hier jedem Teilgebäude zugeordnet sind.
Die Zweifel, die ich bei der Präsentation des städtbaulichen Konzepts vor einigen Jahren hatte (es war etwas unverbindlich), sind deutlich weniger geworden, was sicher auch am Architekturbüro liegt, das die etwas unverbindlichen (diplomatischen?) städtebaulichen Aussagen handhaft und verbindlich gemacht hat.
Im Übrigen habe ich die Anlage hier nur so photographiert, wie mir selbst die Raumbildung am besten gefällt, nämlich als behüteter Raum. Ein Haus muss Schutz bieten und nicht Aussicht. Wandert man durch das Areal, das im Prinzip ein Polygon aus Einzelhäusern ist, die um einen unregelmäßig geformten Platz "eng umschlungen herumtanzen", tun sich aber auch einige Sichtbezüge hinaus in die Landschaft auf, z.B. Brandjoch, Glotzer, Vikarpsitze.
Aber man muss in Innsbruck nicht immer auf Berge schauen. Kürzlich hat eine Wienerin in einem Gastgarten in einem städtischen Innenhof ganz glücklich bemerkt, dass man hier kein Berge sieht - und ich dachte mir - ja, dass ist tatsächlich das Schöne hier. Man kann sich in solche Paradiesgärtchen zurückziehen; doch wenn man die Berge sehen will, kann man ja einfach raus in die mehr oder weniger rauhe Natur wandern oder z.B. mit der Iglerbahn fahren.
Vor zwei, drei Monaten bin ich dort vorbei, und da hab ich etwas schon lange nicht mehr in der Stadt gehörtes gehört, nämlich das Pfeifen von Dohlen. Die sind selten geworden, dort gefällt es ihnen?
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