Samstag, 14. August 2010

Leopold Gerstel


Gerstel im Kreuzgang von La Tourette
Am 24. Mai 2010 ist Professor Architekt Leopold Gerstel begraben worden. Gerstel hat am Gebäudelehre-Institut (dem heutigen Entwerfen Studio I der Universität Innsbruck unterrichtet.
In der Tiroler Tageszeitung fand sich am 28.5. ein Nachruf und in einer weiteren Ausgabe eine Todesanzeige der UNI Innsbruck.
Ansonsten ist es ziemlich still geblieben.

Ich denke gerne zurück an mein Architekturstudium – im besonderen Entwerfen 2, Gebäudelehre und Diplomarbeit bei Professor Gerstel.

Gebäudelehrexkursion November 1988 oder 1989 (leider habe ich mir das genaue Datum auf meinen Dias nicht notiert, es regnete jedenfalls fast die ganze Exkursion und Professor Gerstels Zigarillos waren meist so durchfeuchtet, dass sie nicht brannten), Kloster La Tourette: Leopold Gerstel mit Studenten und Abt im Gespräch.
Leopold und Leah Gerstel auf dem Amphitheater von Nimes.

Bedingt durch sein Geburtsjahr gehört Gerstel zur Generation meines Vaters. Das letzte kurze persönliche Gespräch, das ich mit Gerstel hatte, war im Winter 1993/94 – wir begegneten uns zufällig in den Altstadtlauben. Er fragte mich, wo ich jetzt arbeite. Meine Antwort (Beim Land in der Raumordnung) registrierte er mit eher missbilligendem Schnauben und wünschte mir mit sichtlich enttäuschtem Gesichtsausdruck alles Gute.
Gerstels Rede bei den Architekturtagen 2002 zu Perraults Rathaus eingedenk Gerstels von der Stadt Innsbruck verschmähten, aber ursprünglich prämierten, Wettbewerbsprojekts hat mich sehr berührt. Damals habe ich mich gefragt (nicht als einziger) - wieso tut er sich das an – aber rückblickend denke ich, dass es von ihm doch sehr „ritterlich“ und in angemessenem Maße beschämend für die Entscheidungsträger gedacht war (auch wenn das Interview aus 2002 vorderhand nicht diesen Eindruck macht).

Während man sonst im üblichen „Architekturbetrieb“ meist schon zu Lebzeiten bekannterer Architekten deren ausführliche Werkdokumentationen findet, reißt hier nun der Faden scheinbar ab.
Mittlerweile habe ich gehört, dass dieses Defizit nicht nur mir auffällt – und nachdem ich seit Juli das Internet ein wenig durchstöbert habe, stelle ich hier einige Links mit kurzen Kommentaren zusammen, die zumindest Schlaglichter auf das Leben und Werk von Architekt Gerstel werfen sollten.

Eine wesentliche Quelle von Information ist naturgemäß das hebräischsprachige Internet, indem ich mich nur mit den Sprachtools zurecht finde. Dank meiner anderen hier im Blog ausführlich dokumentierten Interessen ;-) war hier die „Schwellenangst“ nicht zu groß wobei die Eindringtiefe oberflächlich bleiben muss.

„Das Land“ (Haaretz) veröffentlichte einen Nachruf
von Noam Dvir. Ich habe versucht, das Extrakt mithilfe von Google-Sprachtools lesbar zu machen:

Google Sprachtools
Leopold Gerstal Architekt stirbt
Dienstag 25. Mai 2010 02.50 Uhr Von: Noam Dvir
Architekt Leopold (Fold) Gerstal, eine der ältesten Professoren an der Technion, gebracht wurde gestern gelegt, um auf dem Friedhof in Neve David, Haifa Ruhe.
Gerstal, 1925 in Jassy in Rumänien geboren, lehrte er viele Generationen von israelischen Architekten und für eine lange Zeit als Leiter der Abteilung für Architektur an der Universität Innsbruck in Österreich diente.
Er selbst war ein Absolvent des Technion in den vierziger Jahren, und sein Vater war der Architekt Moshe Gerstal Haifa geplant unter anderem die Nähe von Hadar Talpiot Market Caramel.
Gerstal war ein Architekt mit radikalen Ideen und führte eine begrenzte Anzahl von Gebäuden.
In den 60 geplanten wenigen großen städtischen Projekte mit dem Titel "Spatial Urbanismus, gebaut Topographie erstellt eine neue Form der künstlichen Pyramiden oder die Berge.
Gerstel glaubten, dass der Landschaftsarchitekt zu modifizieren bestehende und neue urbane Realität - Ideen brachte ihm die Aufmerksamkeit von dem Rest - eine große nationale.
Seine Projekte wurden für ein Darlehen und Einsparungen gebaut wurden, in Zichron Yaacov, ein Postamt in Kiryat Ata, die Brücke Megadim Farbe auf der Küstenstraße südlich von Haifa und mehrere private Villen - alle mit einem spielerischen und farbenfrohen Sprache geprägt.

Interpretation
Leopold Gerstel ist verstorben
Architekt Leopold Gerstel, einer der ältesten Professoren am Technion, wurde gestern am Friedhof Neve David in Haifa zur Ruhe gelegt. Gerstel, 1925 in Iasi in Rumänien geboren, lehrte viele Generationen israelischer Architekten und war lange Zeit Dekan (?) der Architekturfakultät der Universität Innsbruck.
Er selbst war in den Vierzigerjahren Absolvent des Technion und sein Vater Moshe Gerstel hat unter anderem den Hadar Talpiot Markt am Karmel in Haifa geplant.
Gerstel war ein Architekt mit radikalen Ideen und baute nur eine geringe Anzahl von Gebäuden.
Von seinen 60 Planungen befassen sich einige mit „Räumlichen Urbanisums“ – einer gebauten Topographie in Pyramidenform die künstliche Berge schafft.
Gerstel glaubte, dass der Architekt mit einer solchen Landschaft die bestehende und künftige urbane Realität verändern kann – diese Ideen brachten ihm nationale und internationale Aufmerksamkeit.
Gebaut wurden (u.a.) eine Bank in Zichron Yaacov, darüber hinaus das Postamt in Kiryat Ata, die Farbgestaltung der Brücke Megadim auf der Küstenstraße südliche von Haifa und mehrere private Villen, die von einer spielerischen und farbenfrohen Sprache geprägt sind.


Eine kleine Werkdokumentation von Gerstel findet sich in einer Ausgabe des Studiomagazins zur israelischen Architektur der Sechziger- und Siebzigerjahre.
Darüber hinaus hat Architekt Peter Keenan diese umfangreiche
Dokumentation zusammengestellt.
Über die Wettbewerbsbeiträge zum Bahnhof Innsbruck, Rathaus Innsbruck und einem rampenartigen Bau in einer italienischen Stadt (?) findet sich nichts Genaues. Über diese Zusammenstellung von Architektenwettbewerben in Innsbruck von Fr. DI Irene Zelger, Stadtplanung Innsbruck, müsste man aber über die ersten zwei in den entsprechenden Zeitschriftenausgaben etwas finden. Darüberhinaus findet sich in Prolegomena Heft Nr. 30 (Institut für Wohnbau, TU Wien, Jahrgang 1979) Professor Gerstels Artikel: "Das Durchschreiten der Stadt - ein surreales Erlebnis".

Ausdruck aus der TT-Online vom 27.9.2002, anlässlich der Tiroler Architekturtage

Zu Moshe Gerstel, Leopold Gerstels Vater, steht eine Werkdokumentation der UNI Karlsruhe online.

Quelle persönlicher Hintergrundinformationen ist der Blog der Filmemacherin Yulie Cohen Gerstel. Hier findet sich ein Eintrag zu Gerstels Tod (soweit ich die Übersetzung richtig interpretiere starb kurz vor Gerstel eine seiner Töchter) und zu einem Haus, das er geplant hat (und das nun von der Familie verkauft wird).


Aus gegebenem Anlass habe ich nun diesen seit einiger Zeit im Entwurfsstadium herumdümpelnden Text Online gestellt in der Hoffnung, dass Andere daran anknüpfen mögen und dass sich dadurch nach und nach ein umfassenderes Bild des Architekten Leopold Gerstel ergeben wird.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

irgendwie umgeleitet durch den angekündigten vortrag heut evon zvi hecker,erinnerte ich mich an meinen lehrer leopold gerstel und erst nach längerer suche dann dein blog,sehr schön, wie wenn man etwas verloren geglaubtes,geschätztes wiederfindet,
danke martin, charly walter