Der Tschugghof stand lange Jahre wie ein Mahnmahl des alten Amras am Südring.
Mit schönem alten, etwas überwucherten Bauerngarten. Viel Grün. An die hohen Bohnenranken im Garten erinnere ich mich noch.
Zum Südring hin in verkehrsschmutzigem Grau. Die Fensterläden geschlossen. Man zweifelte immer, dass das Haus bewohnt wäre, wenn man es nicht anders gewusst hätte.
Nachdem der letzte Bauer dort verstorben ist, war zu erwarten, dass eine "Inwertsetzung" des Areals anstünde.
Inwertsetzung ist natürlich ein Euphemismus. Einerseits kann zwar etwas ökonomisch in Wert Gesetztes durchaus schön sein (auch der alten Bauernhof war wohl einst eine ökonomische Überlegung). Doch vielfach scheint andererseits selbst unter Ökonomen die Gewähr, dass etwas öknomisch wäre, nur dann gegeben, wenn es nachweislich hässlicher wird. Die Folge solcher Einstellungen ist, dass sich automatisch betroffene Mitbürger erwarten, dass Veränderungen nur zu etwas Hässlicherem führen können: "Das Schlechtere ist der Feind des Guten" - in Abwandlung des üblichen Spruches
Diese Inwertsetzung ist nun am Tschugg-Areal gebremst, einerseits weil das dort geplante Wohnbauprojekt von einer Bürgerinitiative hinterfragt wurde und andererseits weil die Stadt schon seit Jahren sehr zögerlich plant, Baulandreserven vor allem für leistbaren Wohnbau zu mobilisieren und in dieser Konfliktsituation nun die Initialzündung sieht, doch konkretere Schritte zu setzen, wohl auch um aus diesem Konflikt konstruktiv raus zu kommen.
Was macht nun der so ausgebremste Bauträger?
Best Practice "Gasthof Weißes Rössl, Gries a Br." und "Gasthof Goldener Löwe, St. Johann i.T." zeigen es ihm vor. Man unterzieht die vergleichsweise gute alte Substanz "Sicherungsmaßnahmen". Auch dieses Begriff ist hier nur ein Euphemismus. Denn, wie wir wissen sind diese Gebäude Geschichte. (Die Vorgeschichten und die Ausgangslagen dieser Projekte sind natürlich diffiziler; ich erlaube sie mir aber hier so zu vereinfachen, wie sie am Ende erscheinen - nämlich als Leerstellen) - Was er sich allerdings hier davon erwartet, kann ich noch nur erahnen und werde es hier nicht posten.
Im Falles des Tschugghofes bin ich trotzdem ambivalent. Zwar war er ein schönes Bauwerk, stand aber zuletzt sozusagen im luftleeren Raum. Der Strukturwandel hier am Südring ist evident und die Höfe, die mit dem Tschugghof ein dörfliches Ensemble bildeten (ein Bsp hier), verschwanden längst mit dem Ausbau des Südrings, der ansich als Autostraßenachse ein städtebaulicher Fehler war und ist.
Die Bebauung am Südring neu zu konzipieren ist daher prinzipiell in Ordnung. Doch dabei ein Konzept zu wählen, das zum stark befahrenen Sündring mit Ausnahme von Garagenzufahrten nicht zumacht, ist mir unverständlich.
Bei der "Stadtmauer", der nordostwärts abweisendwirkenden Wohnanlage Seewirt entlang der Ferdinand Kogler Straße (Ursprungsentwurf von Arch. Horst Parson), war eine Art Blockrandbildung, d.h. eine L-förmige Weiterführung dieser Mauer am Südring geplant. Die Geyrstraße wäre in einem Tor durch diese Mauer geführt worden. Damit hätten wir wohl eine kleinere Art Byker Wall bekommen.
Leider hat man sich von diesem bereits in einem Bebauungsplan festgelegten Konzept irgendwann in Ende der 90´er verabschiedet. Das sollte man wieder hervorholen.
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P.S.
Auch die o.e. "Stadtmauer" war aber einst anders geplant. Sie hätte einen Stock höher werden sollen. Dagegen gab es nach meiner Erinnerung auch einen Bürgerintiative. Die Folge damals war die Reduktion des Konzepts um einen Stock und die Errichtung der Kubatur dieses kalkulatorischen Verlusts direkt an der Geyrstraße - somit die Reduktion der Fläche der Grünanlage, die als Puffer zwischen den bestehenden und der neuen Wohnanlage hätte wirken sollen, um ca. 20%.
Ob das damals den Intentionen der Nachbarn gerecht wurde, möchte ich bezweifeln.....