Montag, 15. Juli 2024

Die alte Buslinie K

Ein gewichtiger Grund, warum ich die Innsbrucker Straßenbahn lieben lernte, war die alte Linie K. 
 
Noch heute stellen sich instinktiv meine Nackenhaare auf, wenn ich einen Bus der nun wiedererstandenen aber anders verlaufenden Linien sehe. Gelegentlich nehme ich sie dann aber doch, da sie in der Helblingstraße, nahe an der Hst. Bretterkeller der Waldbahn hält.
 
Damals: Wozu auf einen Bus warten, der überfüllt ist, Innen nach Abgasen riecht, der wegen Staus in der Stadt im mehrfachen seines Intervalls ausfällt und noch dazu: 
Wenn man zu Fuß bis zur nächsten oder übernächsten Station geht (mein Rekord war Innenstadt bis Amraserstraße), bis der Bus vielleicht kommt, man teilweise weiter vom Ziel entfernt ist als zuvor. Dann steht man irgendwann drin, es ist heiß und stickig und es wird einem so schlecht, dass man zwei Stationen vor dem Ziel doch wieder aussteigen muss.
 
Die Linienführung von der Trogerstraße zum Amraser Schloßcafe, die ich hier hoffentlich aus der Erinnerung halbwegs korrekt wiedergegeben habe, nahm jeden damals übliche Stau mit: Innsbruck Ost, Südring, Grassmayrkreuzung, Leopoldstraße, Bahnhof, Boznerplatz, Maria Thersien Straße, Burggraben, Innbrücke.
Blau: Amras - St. Nikolaus, Rot: St. Nikolaus Amras, Grün: exemplarische Alternativroute (je nach Fahrer und Stau)

Obwohl der Bus unweit des Wohnhauses des damaligen Bürgermeisters Lugger endete, glaube ich nicht, dass er den Bus je benutzt hat; sonst hätte sich da wohl was geändert.
 
So sah auch mich der Bus kaum. Wenn ich die Namen der Fahrer tlw. noch weiß, dann wohl eher aus den Erzählungen meines Vaters, der dem Bus im Gegensatz zu mir bis zum Ende treu blieb.
 
Legendeumwobene Fahrer (persönlicher Eindruck):
Schorsch (übergewichtig, mitunter cholerisch, trotzdem eher ruhige konstante Fahrweise, fuhr im Sommer im traditionelle Hausmeisteroutfit in Feinrippunterhemd und kurzer Hose mit Schlapfen und blauen knielangen halboffenen Arbeitsmantel). 
Max (phlegmatisch und freundlich den Fahrgästen gegenüber, mit kaltblütigem Gleichmut Vorang immer selbstverständlich annehmend, daher sehr fahrplantreu, wenn abgefertigt war, kam man nicht mehr rein; unsereins sowieso nicht, aber auch die feschesten Damen).
Heli (freundlich, sportliche Fahrweise, nach Abfertigung noch eher gnädig beim Fahrgästeeinlassen, unabhängig von der Schönheit, zudem immer ein paar fröhliche Sprüche auf Lager).

Mein Vater pflegte (was heute den Compliancerichtlinien der ÖV-Unternehmen wiedersprechen würde) zu Jahreswechsel jenen Fahrern ein Trinkgeld zu geben, die den Fahrplan ohne Rücksicht auf Verluste im motorisierten Individualverkehr einhielten. Also jenen die auch mal bei Rot in die Grasmayrkreuzung einfuhren oder Alternativrouten zur Stauumgehung fuhren, auch wenn dabei in Nebenstraßen <5 m in die Kreuzung Parker mitunter durch den Bus "spanabhebend abgefast" wurden. So waren die späten Siebzigerjahre. Die Verkehrsplanung setzte auf Auto. Nicht aber wir Fahrgäste.
 
Um den Fahrplan einzuhalten fuhr einmal ein Bus der Linie K so schnell durch die Maximliianstraße, dass er im Eckeingang der Tyrolia bei der Templstraße landete. Leider war das der Platz, wo auch die Fahrgäste üblicherweise warteten, da man dort sehen konnte, wenn der Bus aus dem Bahnhof ausfährt. Ich glaube es waren damals Opfer zu beklagen.
Bei dieser Gelegenheit erinnere ich mich, dass die Route über die Tempelstraße bereits eine "Verbesserung" war, ursprünglich fuhr der Bus  (so bis 1980) nach Süden über Leopold und Gaismairstraße, detto dürfte es weiter nördlich gewesen sein (siehe IVB Chronik  Kreutz, Haymon 2017, Seite 294)

Als der K verschwand und die Linie T aus der Taufe gehoben wurde, hatte mein Vater keinen Trennungsschmerz. Insgeheim glaube ich, er fuhr nur mit dem K, weil dieser zwischen DEZ und Grasmayrkreuzung jene Tangentiallinie war, die er sich bereits 1970 gewünscht hätte. Denn die Linie T  kenne ich gewissermaßen als Gedanken durch meinen Vater ungefähr gleich lange wie die Hallerbahn.

Freitag, 21. Juni 2024

Erinnerungen an die Leopoldstraße

Nichts zeugt mehr von der Konditorei, die einst im gelben Haus untergebracht war. 

Hinweis: Zum Text kann man sich "Erinnerungen an Sorrent" parallel (falls das überhaupt noch geht, bei youtube hat sich ja einiges geändert) aufrufen. Es gehörte zwar nicht zu meinen Lieblingsmelodien damals (eher war das: "Adios", Discoton – 74 020 B6); aber es passt nach meiner Empfindung ganz gut zum Folgenden.

Wie sich die Zeiten ändern. 
Heute freue ich mich, dass die Waldbahn wieder durchgehend in die Stadt fährt. 
Längst vergangen ist jedoch die Zeit, in der mir gereicht hätte, wenn sowohl die Straßenbahn als auch die Postbuslinie vom südöstlichen Mittelgebirge herunterkommend bei Schloss Ambras geendet hätte. Denn nichts hasste ich als Kind so sehr, als in die Stadt fahren zu müssen.
 
 Lange Jahre ist diese Erinnerung verschütt´ gegangen – in den Monaten vor der Direkteinbindung der Linie 6 bin ich nun öfters die Leopoldstraße zum Bergisel „hinaufspaziert“ – soweit man das im Bereich der Graßmayrkreuzung sagen kann - und im Schreiten (nur zu Fuß war man wirklich dort) kommt die Erinnerung.
 
Auf der Bushaltestelle Kaiserschützenplatz standen ich und meine Eltern manche Stunden wartend auf den verlässlich verspätet eintreffenden K* unsere Füße in den Bauch (die Linie 3 gab es da schon nicht mehr am Wiltener Platzl). 
 
Meine Mutter hielt das für bequemer als durch den Schlosspark heim zu gehen (ca. 1km); gut damals gab es in der Leopoldstraße aber auch noch Schaufenster, wobei ich mich erinnere, dass nur ein Umstandsmodegeschäft zu sehen war. Gegenüber, Spielwaren Engl, wäre zwar ein möglicher Attraktionspunkt für mich gewesen, aber leider auf der falschen Straßenseite. Die Steigerung der Unattraktivität des Wartens auf den Bus, war die noch näher zum Bergisel gelegene Haltestelle Graßmayrkreuzung (ide jüngst dem Radweg zum Opfer fiel, der mir dort aber im genesatz zu einem mir bekannten Anrainer auch sehr recht ist). Es gab hier abgesehen vom Glockendenkmal nichts außer schlechter Luft, was beweist, dass sich manche Orte über die Zeiten kaum ändern.
 
Dennoch gab es am Weg von der Igler (ca. 700 m, tolle Wegersparnis s.o.) zum Bus einen Platz, der vermochte, die negativen Eindrücke zu relativieren: Die Konditorei Zechner (ob sie zu meiner Zeit noch so hieß, wie auf Innsbruck erinnert bezeichnet, kann ich mich nicht erinnern). 
 
Merkwürdig aus der Zeit gefallen war dieser Ort. Man saß auf einer Art Empore/Hochparterre in einer 50´er Jahre Einrichtung aus hellem Holz (also damals so was von "out") – soweit ich mich erinnere war der Gastraum im Süden vom Verkaufsraum im Norden durch den gemeinsamen Hausein- und Durchgang getrennt. Die Treppe vom Gehsteig herauf war n.m.E. eine der steilsten, die ich damals kannte. Dort saß man dann im durch die Nachmittagssonne überheizten Raum und genoss seine Erfrischung, z.B. einen Marzipanapfel und eine Malakofftorte mit Blick auf den tosenden Verkehr. Geraucht wurde damals wohl auch noch in der Gaststube.
 
Wenn ich diese Erinnerung hervorziehe, ist sie bedeckt mit einer Staubschicht – aber nicht nur wegen der Zeit, die vergangen ist (ca. 50 Jahre), sondern weil die ganze Leopoldstraße damals wie auch tlw. noch heute von einer verkehrsbedingten Staubschicht überzogen schien. Die Fenster der Konditorei im Gegenlicht, ebenso die Hausfassaden, die Fahrzeuge in der Leopoldstraße, die damals noch zahlreicheren Bäume, selbst die in der Konditorei servierten Kuchen schienen mir von einer feinen, dennoch nicht unappetitlich wirkenden, lichtgrauen Staubschicht überzogen welche allem einen stumpfen matten Schimmer verlieh. Auf vielen Verkehrschildstehern und Ampelmasten in der Gegend hat damals wohl aus deisem Grund jemand mit schwarzem Stift „Die Autos sind einen Pest“ geschrieben. Irgendwann konnte man auch das kaum mehr lesen.
 
 
Die Konditorei Zechner verschwand erst lange nach dem ich sie vergessen hatte. Denn sobald ich mir es erlauben konnte, verließ ich nach einem Ausflug die Tram in Schönruh und ging voraus nach Hause; die Stadtrunde überließ ich meinen Eltern.
 
Später, als ich altersbedingt wieder mehr Gefallen an der Stadt fand, bin ich meist alles mit der Tram gefahren, die bekanntlich längst nicht mehr durch die Leopoldstraße fuhr. 
 
Vor einigen Jahren wurde das Haus, das die Konditorei beherbergte, übrigens abgebrochen und wich einem abstandsoptimierten und deutlich höheren Gebäude, das aber als Reminiszenz noch immer den annähernd gleichen Hochparterreeingang aufweist.
 
Kuchen gibt es dort freilich keinen mehr; aber nebenan einen Tierpräparator und einen Hochzeitsdeko-Dienstleister, sowei man das als Ersatz dafür gebrauchen kann.

*) die Buslinie K verkehrte stündlich von St. Nikolaus nahc Amras, tauchte manchmal aber drei Stunden lang nicht auf.

Samstag, 15. Juni 2024

Von der Stadt in den Wald und retour

Untrüglichsten Zeichen der wieder in die Stadt durchgängigen Iglerbahn, nein, Waldbahn, ist das Linienlaufschild, das talwärts seit 14.6.2024 Claudiaplatz anzeigt. Auf http://www.strassenbahn.tk/inntram/index.html ist ein Artikel, der alles gut zusammenfasst. Auch ich danke allen (hier muss man zudem erstaunlicherweise wirklich fast alle Parteien des Gemeinderats einschließen), die halfen, dass die Bahn nichts aus dem öffentlichen Bewusstsein verschwindet.
 
Jetzt bitte auch fleißig nutzen; man kann nun direkt in der Stadt "reinstolpern".
 
Einfach auf dieses Zeichen achten. Mit Ausnahme der aufgrund der Baustelle im Saggen provisorischen Endhaltestelle Claudiaplatz findet man diese Zeichen jetzt auf allen Haltestellen, die von der Waldbahn bedient werden:


Sonntag, 19. Mai 2024

Waldbahn

Nun konkretisiert sich, wie die Iglerbahn künftig betrieben wird.
Die nächsten Schritte sind auf strassenbahn.tk beschrieben und zeugen von einem selten einmütigen Schulterschluss zwischen damaligen Bürgermeister und damaligen Gemeinderat. Natürlich durfte die Eröffnung des Vorhabens nicht in die letzte GR-Periode fallen. So harmonisch war es dann doch nicht.
Da war schon hilfreich, dass für die Weichensteuerung noch ein paar Teile fehlten, die eine Betriebsaufnahme des Stadtbetriebs mit Dezember 2023 vereitelten. Das gönnte man dem "Alt"bürgermeister doch nicht.* Aber nachdem er jetzt Vizebürgermeister ist, wird er die verdienten Lorbeeren trotzdem mit einheimsen können. Erfolge haben ohnehin viele Väter.

Vormerken! 
Die erster Igler Bahn durchgehend von der Stadt fährt um Freitag 14.6.2024, 6:11 ab Claudiaplatz (Bsp. VVT-Auskunft Claudiaplatz-Tantegert).

Am 15.6.2024 findet ein Eröffnungsfest statt. Mehr darüb wird demnächst bei der IVB und bei der TMB zu erfahren sein.

Ans gelungene
farblich naheliegende Branding werde ich mich allerdings erst gewöhnen müssen:

Die Iglerbahn ist tot.
Es lebe die Waldbahn!

Ich schließe nicht aus, dass ich weiterhin Igler zu ihr sagen werde.

Aber der Name "Waldbahn" hat schon mehr Potential. So könnte die Strecke auch heißen, wenn sie weiter über Igls und den Ullwald zur Patscherkofelbahn führt. 
 
Damit hat nun Tirol neben drei eingestellten forstlichen Bringungsanlagen (Bächental, Klammwald, Michlbach - Quelle: Manfred Hohn: Waldbahnen in Österreich, Verlg. Slezak 1989) zwei aktive "Waldbahnen" (Igler Bahn und....Waldbahn Fiss)

*)Die o.a. dem * voranstehenden drei Sätze geben meinen subjektiven Eindruck wieder.

Sonntag, 21. April 2024

Oachkatzlbahn

Zwischen 1986 (meinem Maturajahr) und 2001 (dem letzten Jahr in dem die Iglerbahn durchgehend planmäßig in die Stadt fuhr) nutzte ich die Bahn häufig für die Heimfahrt, zuerst von der Uni, später dann vom Büro, um noch einen abendlichen Spaziergang dranzuhängen.

Mit den nun wieder häufigeren Fahrten mit der Iglerbahn, spätnachmittags oder am frühen Abend, tauchen aus dem zu dieser Zeit bereits dunkler werden Geäst des vorbeiziehenden Waldes manche längst vergessene Erinnerungen auf:
 
  Für einen Freund, der aus Innsbruck wegzog und heute unweit einer Stadt wohnt, welche nur bis Frühjahr 1945 ein Straßenbahn hatte (die zudem nie einen Wald gesehen hat), ist die Iglerbahn bis heute einfach nur die "Oachkatzlbahn": Sein Opa fuhr mit ihm häufig nach Tantegert, um dort in der Gegend eichkätzchenfütternd einige Zeit zu verbringen und von der Zeit zu erzählen, als die Bahn noch mit Dampf fuhr und man an den aus dem Wald aufsteigenden Wolken abschätzen konnte, wo sie sich gerade befand.
 
P.S. Das Photo ist allerdings aus meiner Sammlung. Auch ich war in ähnliche Mission ;-) dort oft mit meinen Vater unterwegs.

Donnerstag, 18. April 2024

Montag, 8. April 2024

Vergangenes, aber nicht vergessenes Schönruh

Zwischen 1986 (meinem Maturajahr) und 2001 (dem letzten Jahr in dem die Iglerbahn durchgehend planmäßig in die Stadt fuhr) nutzte ich die Bahn häufig für die Heimfahrt, zuerst von der Uni, später dann vom Büro, um noch einen abendlichen Spaziergang dranzuhängen.

Mit den nun wieder häufigeren Fahrten mit der Iglerbahn, spätnachmittags oder am frühen Abend, tauchen aus dem zu dieser Zeit bereits dunkler werden Geäst des vorbeiziehenden Waldes manche längst vergessene Erinnerungen auf:
 
 
Die Gegend hat sich hier, wo es um 1990 so aussah, stark verändert. Mitterweile ist es lichter geworden und die Gebäude links und rechts sind verwschunden. 
 
Rechts auf dem ziemlich unterbelichteten Bild (leider hab ich kein anderes) sieht man das Haltestellengebäude von Schönruh, das um 2005 abgebrannt ist. Ich zitiere aus der alten offline gegangen Hompage:

"Das Wartehäuschen von Schönruh ist seit diesem Frührjahr einsturzgefährdet. Bald könnte die offene Wartehalle Lansersee die letzte ihrer Art an der Igler sein (die baugleichen Wartehallen in Aldrans und Lans wurden im Zuge der Umstellung auf Einrichtungswagen in den Achtzigerjahren in Massivbauweise erneuert). Das gleichnamige Freibad existiert schon lange nicht mehr. Dessen noch vorhandene Reste wurden nach und nach von einer Art Hobbyerdbeweger einplaniert. Jetzt steht dort - ach wie passend - eine seltsame Villa in toskanischem Stil.
Die Wartehalle im Tälchen nahe des ehemaligen Gasthauses unterhalb des Schwimmbads zeugt noch vom regen Badebetreib der dort noch in den Fünzigerjahren des vorigen Jahrhunderts herrschte. Doch dieser "Zeitzeuge" ist auf dem besten Weg ebenfalls Vergangenheit zu werden. Schon fallen erste Dachziegel aus der Lattung, der Moder frisst sich ins Gebälk, die Natur holt sich das Werk zurück. Die Zeiten, als sich Massen am Bahnsteig am Ende eines langen Badetags drängten, sind vorbei. Schönruh wurde letztendlich als einsamste der Iglerstationen seinem Namen gerecht - lange nachdem es errichtet wurde.
Die aktuelle Geschehen setzt nun einen Schlußpunkt eines Weges, der schon vor langer Zeit eingeschlagen wurde. Doch bevor es zu wehmütig wird (a la "In eine kühlen Grunde da steht ein Wartehaus....") sollte man auch in die Zukunft sehen. Warum etwas zusammenfallen lassen, daß bald wieder als frequentierte Station aktuell werden kann. Wie bereits früher angedeutet ist der Wald im Tal nahe der Sation schon alt - und wird nun auch sukzessive verjüngt. Damit tut sich wahrlich eine Art Fenster auf - der Ausblick nach Schloß Ambras - und damit der alte Name dieser Station. Für die nächsten 10-15 Jahre wird man wohl wieder dorthin blicken können - und aus dieser Sichtverbindung Nutzen für Igler und Schloß ziehen!"
 
 
Links sieht man ein Gebäude, das einfach irgendwann nicht mehr da war. Man sieht zwar noch Fundamentreste und  Fragmente des Betongerinnes, das den Bach am Bauwerk vorbeileitete; die Quellefassung, die hier einst stand, ist aber verschwunden-

Die Chronik sagt dazu, dass eine der Schreierbachquellen östlich der Aldranseralm bereits 1931 gefasst wurde. Offenbar war aber die ca. 700 Höhenmeter tiefer gelegene 1907 gebaute Mühltalquellfassung, die eine Quelle aus der Aldranserwiese nutzte, noch länger im Einsatz (diese Quelle liegt beim Hochbehälter Mühltal südlich der Bahnhaltestelle Aldrans). Wenn man sich die Erklärungen auf der Amras-Homepage und dem Amraser Boten (Heft September 2003, detaillierter Artikel von Hans Zimmermann+), durchliest, kann man annehmen, dass die Anlage bei Schönruh erst um ca. 2003 vom Netz ging. 
 
Ob dieses Bauwerk allerdings, wie aus der Tiris-Wasserinformation zu entnehmen ist, lediglich der Wasserversorung des Schwimmbades Schönruh diente (die aufgelassene Quelle gemäß Wasserbuch heißt so, liegt allerdings gleich hoch wie das alte Hotel, wäre also für das Halten eines genügenden Versorungsdruckes untauglich gewesen). Die TIRIS.-Wasserinformation zeigt aber auch noch etliche andere Quellen (insgesamt 8) im Gebiet.

Stark vereinfacht kann man die Geschichte der Wasserversorgung am Paschberg für Innsbruck/Amras so zusammenfassen:
Um 1900 erfolgte die Wasserversorgung in Amras vom Bereich [1] aus - also dort, wo die Quelle aus den Aldranser Wiesen hervortraten.
Später wurden Bereiche im Mühltal [2] aufgeschlossen, wo sich auch heute noch der Hochbehälter befindet. Seit 1931 holt man sich das Wasser aber aus dem Quellgebiet des Schreierbaches [3] also direkt aus dem Glungezermassiv (welcher Name sich aus dem Wort "Glucksen" ableiten soll). Die Pfeile sind nur die Ortsbezüge; die Wasserleitungen verlaufen anders.


 
 



Freitag, 29. März 2024

Von Aldrans nach Innsbruck

Mist. Heute fährt sie nicht. Doch ich wollte ohnehin zu Fuß bis Innsbruck - also hinab in die Sillschlucht!

Dienstag, 19. März 2024

Von Wattens nach Aldrans

Kurz bevor es steil hinab zum Wiessteg über den Voldertalbach geht, blickt man auf die rauhe Seite der Burg Friedberg die hier direkt am Einhang der Schlucht steht. 
 
Es lohnt sich immer mal die Perspektive zu ändern. 
 
Die Postkarten Ansichten verraten nicht immer warum für manche Objekte bestimmte Ort gewählt wurden. Friedberg ist in dieser Hinsicht sehr ähnlich wie Schloß Ambras angeordnet. Ambras sah auch vor den Renaissanceumbauten sehr ähnlich aus. 
 
Ob Reisende früher Burgen verwechselt haben? Möglich wärs.

Donnerstag, 14. März 2024

Von Pill nach Wattens

Wandert man von Pill auf den Weerberg, so möchte man beim Teissleeck meinen, dies wären die Reste der Zahnradbahn, die hier einst herauf geführt hat. Doch Achtung - fake news. Dies erscheint nur so. 
 
Denn im Film "Hoch droben auf dem Berg" steigen die Urlaubsgäste zwar aus einer Zahnradbahn aus und gehen unmittelbar danach in ein Gasthaus in der Weerberger oder Pillberger Gegend. 
Die damals gefilmte Zahnradbahn bliebt aber doch die Achenseebahn, die nie den Weg auf diese Talseite fand.

Mittwoch, 13. März 2024

Von Jenbach nach Pill

Manchmal fragt man sich schon, ob die Raumordnungs schläft. 
 
Dann nämlich wenn man für einen räumliche Distanz, die in 20 Minuten zu passieren wäre, 50 Minuten benötigt werden. Was nicht alles an Umwegen geschaffen wird, damit Autos leicht fahren können (Fußweg von Vomp nahc Vomperbach). 
 
Immerhin belohnte der Anblick von Elefant und schiefem Haus die Mühsal. Eine typische tiroler Landschaft.

Samstag, 9. März 2024

Von Brixlegg nach Jenbach

Zu Unrecht trägt der Hinterkofel seinen Namen. Zu Unrecht ist bei der Kringwiese am Fuß des Reither Kogels kaum ausgeschildert. 
 
Denn auf ihm steht man wie auf einer Plattform (gut, man muss sich vorsichtig etwas vorwagen) und sieht einerseits mitten ins Zillertal, andererseits gefühlt senkrecht hinunter nach St. Gertraudi und nach Münster. An einem Föhntag wie diesen besonders beindruckend.

Montag, 4. März 2024

Von Kundl nach Brixlegg.

Von Kundl nach Brixlegg. Der Maukenwald ist ein weitläufiger Graben zwischen Saulueg und Zimmermoos. 
 
Umrahmt wird er von einem ca. 100m hohen Felsabbruch der sich von Distelberg bis Holzalm erstreckt. Im Wald allenthalben Bergbauspuren: Halden, Pingen. Azurit und Malachit liegen auf dem Weg. 2 stunden braucht man in etwa um den Graben gemütlich zu durchwandern. Im ersten Drittel passiert man Christawies, das auf dem Photo zu sehen ist. 
 
Erinnert hat mich die Gegend an ein Geschichte aus einem Comicheft, das ich vor langer Zeit in den Händen hatte, ich glaube geliehen von den Kindern der Wirtsleute einer Pesnion in Bad Ischl, "Der Weg in den Murmelgraben". Eine Gruppe Teddybären, die auf der suche nach dem Graben sind, zudem man nur schwer vordringen kann - wenn man es dann gefunden aht. wunderts einem wie leicht es doch ging. 
 
Wie man auf dem Photo weiters am perlmuttglanz des Himmels sieht, war Saharastaub im Anzug. Am Zimemrmoos war alles bereits golden im Blick nach Westen.

Sonntag, 3. März 2024

Quellen um Schönruh

Zwischen 1986 (meinem Maturajahr) und 2001 (dem letzten Jahr in dem die Iglerbahn durchgehend planmäßig in die Stadt fuhr) nutzte ich die Bahn häufig für die Heimfahrt, zuerst von der Uni, später dann vom Büro, um noch einen abendlichen Spaziergang dranzuhängen.
 
 Mit den nun wieder häufigeren Fahrten mit der Iglerbahn, spätnachmittags oder am frühen Abend, tauchen aus dem zu dieser Zeit bereits dunkler werden Geäst des vorbeiziehenden Waldes manche längst vergessene Erinnerungen auf:
Am Tummelplatzweg entspringt unterhalb der Schlosstraße und des kurzen schmalen Abkürzungsteigs zum Tummelplatz eine kleine Quelle. Im Vorübergehen nimmt man sie zuerst nur als Durchfeuchtung des Hanges wahr, die ins Bankett der Straße sickert. 
 
Sieht man genauer hin, erkennt man Reste eines aus Quarzphyllitsteinen gesetzten Fußmäuerchens und ein kurzes Stück Wasserrohr aus dem das Wasser mal mehr, mal weniger fließt. 
 
Dahinter, schon jenseits der Schlossstraße erahnt man durch Strauchwerk den Giebel eines Hauses. 
 
Das Haus Schlosstraße 10 steht nun schon längere Zeit verwaist. 
Seit kurzem steht es zum Verkauf, wovon ein Plakat am Zaun zeugt. Der Zaun, der vor gut 40 Jahren ungefähr gleich aussah; den damals aber beim rostroten Gartentor das Tiroler Landeswappen zierte, zu dessen Verwendung die dort bestehende Pension Mader berechtigt war.
Damals hatte das Haus westseitig eine gemütliche mit wildem Wein umrankte Loggia (die mittlerweile abgemauert wurde). Hier konnte man die Abendsonne genießen, natürlich unter dem Begleitlärm der Mittelgebirgsstraße (damals weniger) und der Autobahn (damals mehr). Ein Besuch bei der Pension Mader auf ein Gläschen Hollersaft nach einem Ausflug mit der Iglerbahn war beinahe obligatorisch, auch weil sich Frau Mader und meine Mutter von der Schulzeit her kannten.
 
Das Haus hatte neben der umtriebigen humorvollen Wirtin mehrere Besonderheiten: 
Eine nach meiner Erinnerung gut 15 kg schwere etwas mürrische Glückskatze mit einem blauen und einem grünen Auge, 
Eine kleine Gartenlaube, die auch heute noch windschief im verwilderten Garten steht
Ein (auch heute noch äußerlich existenter) damals von Hollerstauden eingewachsener Hasenstall, in dem nach meiner Erinnerung gut 40 Hasen wohnten (dort ihrer Verwendung harrten - nur ich meinte, sie wären zum Streicheln da)
und...
Im Herzen des Hauses ein bodenlos wirkender dunkler Schacht, in dem still und tintenschwarz unterlegt eine Wasserfläche spiegelte: Die hauseigene Quelle.
 
Manchmal durfte ich mit rein in Haus, um mir diese Quelle anzusehen. Ich habe als Kind  stets gemieden, dort Wasser aus der Leitung zu trinken, denn mir kam das sehr suspekt vor, nicht wissend, dass der sehr bekömmliche leicht alkoholische (also wohl kaum gekochte) Hollersaft gleichen Ursprungs war, und nicht wissend, dass genau genommen alle Quellstuben so aussehen.
 
An diese eine Besonderheit erinnere ich mich nun und hege den Verdacht, dass die "Quelle" am Tummelplatzweg der Überlauf dieser Hausquelle ist.

Ich nehme an, dass es nicht wenige Touristen gab, die ihre Innsbrucker Erinnerungen an diese besondere Pension zwischen Iglerbahn und Schlosstraße knüpften. 
 
All das ist längst Vergangenheit.
Frau Mader verstarb früh, im Jahre 1996. Ich knüpfe meine Erinnerungen v.a. an meine Volkschulzeit und Unterstufe - also vor 1980.
Die Quelle ist in der Wasserinformation des TIRIS nicht mehr vermerkt

Mittwoch, 28. Februar 2024

Von Kirchbichl nach Kundl.

Von Kirchbichl nach Kundl. 
 
An diesem Tage konnte man nicht sagen, ob es Nachmittag oder Abend wäre. Umso mystischer wirkte die Wälder südlich von Wörgl und Kundl, bedeckt von Leberblümchen und Frühlingsknotenblumen. 
 
Später dann hieß es: "Privatgrundstück. Betreten auf eigene Gefahr. Für Sach- und Körperschäden wird keine Haftung übernommen". 
 
Man wandert hier entlang des Steinbruches Wimpissinger, der sich von Gewerbegebiet Liesfeld bis ca. 1km vor Kundl erstreckt. Stellenweise kann man über den Schutzwall linsen, der einem vor den gröbsten Felsbrocken schützen sollte und blickt dann in deise Lagune. Einerseits entrisch, andererseits beruhigend, dass es in Tirol noch solch rauhe Werkslandschaft und rumherum große Industriebetriebe gibt, wie zwischen Wörgl und Kundl. 
 
Irgendwann auf diesem Weg wurde es dann wirklich Nacht. Und wie immer musste ich in Kundl lange nach dem Bahnhof suchen. Kundl erscheint übersichtlich ist aber ein Labyrinth. 

Mittwoch, 21. Februar 2024

Von Bleibach nach Kirchbichl.

Von Bleibach nach Kirchbichl.
 
Wandert man von Bleibach auf mittlerer Höhe (zuerst weglos, dann auf bequemen Forstweg) entlang des Bergkamms Pendling - Köglhörndl, ist zu dieser Zeit der Wald einen durchgehenden weiße Fläche, da überall die Christrosen blühen. 
 
Man merkt bei der Wanderung, dass man hier stellenweise in einem von der Talseite kaum wahrnehmbaren Mittelgebirgsstreifen, meist eine leichte Enebnung der Steilhänge, geht, der im Bereich der Rudersburg ein ca. 10 bis 20m teifes Parallelltal formt. 
 
Im Gebiet "Martal" steht ein Marterl. Aufmachung und und Lage würden auf ein Jagdunfall hindeuten; tatsächlich ist dem aber nicht so. Die Tafel wurde im Gedenken an Johann Berger errichtet, der hier am 10.7.1997 mit seinem Sportflugzeug im Nebel gegen den Berghang prallte. Ich erkannte das Portraitphoto am Marterl, sonst hätte ich nicht recherchiert.
 

Samstag, 17. Februar 2024

Der letzte Sommer von Herrn Oberleiter

Der letzte Sommer von Herrn Oberleiter.
Wie jeden Winter wurde es still im Garten von Tantegert.

Immer, wenn ich vorbeispazierte (nun da die Igler wieder regelmäßig fährt), freute ich mich schon auf den nächsten Frühjahr und Sommer, wenn der Garten Tantegerts wieder erblüht und sich gelegentlich ein Plausch mit Herrn Obereleiter am Gartenzaum ergab. Über die Zukunft der Igler - wie kann es anders sein, seinen früheren Arbeitsplatz - die Patscherkofelbahn, aber natürlich auch über seinen Garten.
Im Winter war klar, dass Herr Oberleiter hier selten zu finden wäre. Mitunter rannte man sich aber auch zur winterlichen Zeit über den Weg; z.B. im DEZ.
Zuletzt hatte wir ein paar Worte im Herbst 2023 gewechselt, danach habe ich ihn nicht mehr gesehen, mir aber als Teil des üblichen Jahrelaufs nicht weiter darüber Gedanken gemacht. Vielleicht auch, weil ich ihn in der Gruppe "der wird sicher 90+" gespeichert hatte. Denn ich hatte ihn früher immer auf ca. 60 geschätzt und war sehr verwundert, als er damals sagte, er wäre nun schon über 70.
So kann man sich leider irren.
Es ist besonders traurig, dass er nun nicht mehr erleben kann, wofür er sich immer, nicht ganz diplomatisch, aber von Herzen eingesetzt hat, und wovon das Plakat am Bahnwärterhäuschen noch (und wohl bald nicht mehr) zeugt.
Natürlich ist nun auch, wie auf der Seite seiner Traueranzeige zu lesen, die Sorge um das Schicksaal von Tantegert groß.

Was auch immer die Zukunft für Tantegert bringen mag - Ich werde Herrn Oberleiter so in Erinnerung behalten:
Möge er in Frieden ruhen und im Jenseits das finden, worauf Tantegert und Iglerbahn nur eine Vorahnung sein können. Mein Beileid seinen Anghörigen.

Freitag, 16. Februar 2024

Von Kufstein nach Bleibach

  Im Vorfrühling reizte es mich, in Etappen, wie es sich gerade zeitlich ausging, durchs Unterinntal nach Innsbruck zu wandern. An- Abreise jeweils mit S-Bahn und oder Bus. Zuerst von Kufstein nach Bleibach (Langkampfen).
 
Auf dem Photo blickt man von Morsbach auf die Festung Kufstein, dahinter das Berghaus Aschenbrenner und drüber der Scheffauer. Das Berghaus war bis in die 90´er Jahre durch einen Sessellift (fast) vom Stadtzentrum, am Ende der Pienzenauerstraße, über 800m Fußweg erreichbar. Die Schneise dieser Lifttrasse sieht man noch.
Dieser Lift hieß offenbar einst Kaiserlift, wohingegen der nun neue Lift bei Sparchen (ca. 2km vom Standtzentrum) früher Brentenjochlift hieß.

Freitag, 2. Februar 2024

Der Paschberg der frühern Siebzigerjahre

Zwischen 1986 (meinem Maturajahr) und 2001 (dem letzten Jahr in dem die Iglerbahn durchgehend planmäßig in die Stadt fuhr) nutzte ich die Bahn häufig für die Heimfahrt, zuerst von der Uni, später dann vom Büro, um noch einen abendlichen Spaziergang dranzuhängen.

Mit den nun wieder häufigeren Fahrten mit der Iglerbahn, spätnachmittags oder am frühen Abend, tauchen aus dem zu dieser Zeit bereits dunkler werden Geäst des vorbeiziehenden Waldes manche längst vergessene Erinnerungen auf:
 
 
Am Tummelplatz (in den Siebzigerjahren); Photo: Luis Schönherr
 
 
Mein Vater hat mir bei Spaziergängen am Paschberg oft von dem Plätzchen im Wald erzählt, an dem eine Bank und ein Wasserrädchen montiert war. Das Bild davon, das ich dazu als Kind im Kopf hatte, mochte diesem hier ähneln. Beide sind längst Vergangeheit. Mein Vater hat den Platz nicht mehr gefunden - es war wohl ein Objekt aus seiner Kindheit. Nun versuche ich hier ähnliches, nämlich Örtlichkeiten am Paschberg aus früher Kindheit zu beschreiben. 
 
Der steile Verbindungsweg östlich des Schneiderhäusls führte in den Siebzigerjahren durch einen dichten dunklen Fichtenjungswald. Hier sah ich zum ersten Mal in meinem Leben ein Reh, am oberen Ende des Weges stehende. Der "Rehleinweg" wird aber seinen Weg nicht ins OSM finden. 
 
Anders könnte es sich mit dem Briefträgersee am Schintertal/Schlossbach verhalten. Meine Oma hat steif und fest behauptet, dass in diesen See einst der Briefträger fiel und dass sie selbst einen durchweichten Brief bekommen hätte. Verifiziert habe ich das aber bisher nicht. 
 
Der alte Weg vom Tummelplatz nach Tantegert ist längst verwachsen. Er führt östlich des Tummelplatzes als Hohlweg steil hinauf zum auch heute noch an fast gleicher Stelle bestehenden Bahnübergang und ist als Stichweg auch heute noch kartiert. 
 
 In diesem Abschnitt des Tantegertwegs befand sich, ungefähr auf gleiche Seehöhe wie der Geräteturnplatz der Forstmeile weiter östlich, ein ebener Platz mit zwei großen Fichten. Dieser Platz war unser Völkerballsportplatz während der ganzen Volksschulzeit. Der damals östlich davon befindliche Jungwald war außerdem beliebt beim Versteckenspiel. 
 
Am Tummelplatzweg durfte man damals noch mit dem Auto fahren  - bzw. scherten sich wesentlich weniger Autofahrer als heute um Fahrverbote. Ich erinnere mich noch recht deutlich an einen Auseinadersetzung beim Abzweig Bederlungerweg, wo eine durch meinen Vater begonnene Autofahrerbeschimpfung dann noch von ein paar herzugekommenen Spaziergängern asissistiert wurde.

Vom Tummeplatzweg führte ein breiter sehr steiler Wurzelsteig mit Blick auf die Stadt die Fallgerade hinunter nach Pradl. Ob dieser westlich der Philippine Welserquelle oder östlich war, kann ich nicht mehr rekonstruieren. Ich vermute aber, dass man ziemlich genau in der Achse der Resselstraße runterkam, wo auch heute noch ein Steig verläuft. Als wir einmal an einem gewittrigen Tag am Tummelplatzweg  im Laufschritt heimwärts strebten (um dann in der Lourdeskapelle den Wolkenbruch abzuwarten) kreuzte ein Wanderer unseren Weg bei eben dieser Direttisssima und fragte, ob man da runter in die Stadt käme, was mein Vater bejahte, aber auf Absturzgefahr hinwies (was auf die Steinbrüche drumherum hindeutet).
 
Tantegert war damals längst nicht so einsam wie heute. Das Haus war bis in die Achtzigerjahre dauernd bewohnt und die Bewohner nutzten die Igler um dorthin zu kommen. Der Kartoffelacker in der östlichen Bahnkehre wurde bestellt. Das Feld war eingezäunt mit klobigen alten Eisenbahnschwellen als Zaunpfosten. Ich erinnere mich noch an die Frau die dort wohnte; beindruckend vor allem im tiefverschneiten Winter, wenn sie Einkäufe aus der Bahn auslud oder Arbeiten im und ums Haus ausführte. Der heutige Mieter des Häuschens ist einer ihrer Söhne. Er wuchs dort oben auf.
Östlich von Tantegert befand sich auf der großen Freifläche der Schuppen für die Schneeverwehungsschutzgatter, die im Winter bei Lans aufgestellt werden mussten. Im Sommer tagte dort häufig eine Gruppe älterer bierbebauchter Herren,  die dort ihre Watscheleturniere abhielten (eine Art Boule mit Metallplatten)
Auf "Innsbruck erinnert sich" haben einige ein Photo von Tantegert kommentiert und weitere Geschichte zu seinen Bewohnern festgehalten.

Der Schulausflugspfad von Lans runter nach Tantegert war lange Zeit im Jungwald verloren. Vor kurzem wurde er als Downhillstrecke wiederentdeckt und so ist der alten Weg wiederauferstanden.
 
An der Innsbrucker Gemeindegrenze zu Aldrans überquert die Igler einen ihrer größeren Kunstbauten - einen Damm mit begehbaren Durchlass. Für mich in den Siebzigerjahren ein Tabubereich, nicht weil es die Eltern gesagt hätten, sonderen wegen der Bedrohung durch mögliche Fabelwesen. Viel später hab ich dann den Durchlass für Wanderungen genutzt, einfach, weil so die Igler auch ein Bahnunterführung bekommt. Mittlerweile frage ich mich, ob trotz der altbewährten Stampfbetonkonstruktion eine regelmäßige Nutzung noch geboten ist.

Nördlich der Huisnkapelle zwischen Sparbereggweg und Seerosenweiherweg gibt es einen kleinen Gletscherschliff. Diese Felsformation ermöglicht es Kindern ungefährdet zu kraxeln und der Wald dahinter war gutes Mooshüttengelände. Daher war und ist dieser Platz beliebt und wird auch von der Gemeinde Lans gehegt. Mittlerweile gibt es oberhalb noch einen Spielplatz mit allem Drum und Dran; das ursprüngliche Plätzchen bei der Kapelle blieb jedoch unangetastet und sieht fast so aus, wie damals, als man sich dort mit Kindergartenkindern zum Spiel traf. Meine Mutter hat der Platz wohl inspiriert - auch wenn es wohl etwas anstregend sein musste, wenn sie mich dorthin zum "Kinderberg" täglich mit der Iglerbahn begleiten musste.

Die westlichen Teile des Paschbergs waren in den Siebzigerjahren für mich weitgehend unbekanntes Terrain. Die Grenze markierte die Telegraphenleitung der Iglerbahn, die pfeilgerade in etwa in der Fortsetzung der Flucht der Plonergasse durch den Wald verlief und somit Tantegert zu einer Art Grenzstation machte. Lanserkopf, Grillhof oder Vill, ja selbst der Lansersee, waren damals eher die außergewöhnlichen Wanderziele. 
Der Einhang des Paschbergs nach Wilten und in die Sillschlucht war übel beleumundet. Ich erinnere mich, dass ich einmal auf eigene Faust mit einem Volksschulkollegen so ca. bis zur zweiten Sillschluchtbrücke kam (wie das damals zuging, so ohne Elternaufsicht - ich nehme an die Eltern des Schulkollegen haben das geschickt gedeckt), und mir dabei besonders verwegen erschien. Die Ausbeute der Wanderung - wir wollten in der Sillschlucht Gold waschen - war mäßig. Es entpuppte sich alles als Katzengold.

Ganz stimmt das mit der vorgenannten Grenze dann aber doch nicht. Denn dieser Blogeintrag aus dem Jahr 2013 relativiert das: So spielte doch zumindest die hinterste Sillschlucht eine gewichtige Rolle in der Ausflugsplanung der Siebzigerjahre - nämlich als "Europabrückenrunde", bei der mein Vater stets erzählte, was alles vor dem Autobahnbau in der Gegend zu bestaunen war: Sonnenburghügel, das liebliche Ahrntal und die Ahrnwaldanhöhe, die stillen, nur bei Föhn rauschenden Föhrenwälder, das Maibutteressen am Reisachhof hinterm Bergisel, zu dem die Innsbrucker im Frühjahr in Scharen pilgerten, das Papstl in Stefansbrücke nebst Unterwerk der Stubaier und natürlich die Baustellenbesuche auf der Brennerautbahn in den späten 1950´er Jahren.

Fortsetzung möglich....




 
 

Donnerstag, 25. Januar 2024

Irrlichter am Paschberg?

Was in Tantegert so aussieht, könnte auch auf der Wiesengasse sichtbar sein.
 
Wenn ich diesen Winter mit dem Rad abends auf der Wiesengasse unterwegs war, fielen mir einige Male kürzere und längere Lichtblitze am Paschberg auf. 
 
Leider immer zu kurz um ein brauchbares Photo zu machen. Es war stets so, dass kaum am freien Feld östlich der Tenneishalle angelangt um ca Punkt (17, 18, 19, 20 h) ein Lichtschein oben am Paschberg bei Blickrichtung Südost zu sehen war. Da ich mit ca. 15km/h unterwegs war, war aber nicht abzuschätzen, ob die Veränderung des Lichtschein aus meiner Bewegung heruas oder aus der der Lichtquelle kam. 
 
Zuletzt war das Licht einmal sehr klar und lang, bis zum Pradler Friedhof zu sehen - immer  dort wo normalerweise die Igler unterwegs ist.  Damals entpuppte es sich bei klarstem Wetter als Scheinwerfer auf der Tulfeinalm in der Nähe der Glungezerbahnbergstation. Das Irritierende sind die flachen Winkel und schleifenden Geländeschnitte bei der Betrachten, die einen lange über den Ursprung im Unklaren lassen. 
 
Wie aber die geometrische Analyse zeigt, könnte das Phänomen weiterhin von den zwei verschiedenen Quellen Glungezerbahn und Igler Bahn kommen. Also bleibt die Igler Bahn als gelegentlicher Verursacher im Rennen. 
 
Im Wesentlichen ist die Erscheinung vergleichbar mit dem "Paulding Light", für das es ebenfalls eine natürliche Erklärung gib.
 
Nachsatz: Solch ein Effekt sind natürlich ein wenig no-na. Bei einer stark befahren Straßen wundert man sich nicht, wenn solche Lichtblitze auftreten und hat schon verinnerlicht, was das ist. Der Paschberg ist aber über der Aldranserstraße bis auf die beiden Positionlichter der Strommasten  dunkel. Daher fällt es hier auf.

Montag, 15. Januar 2024

ein vergessenes Zimmer

"Am tiefsten Grunde dieser Vorratskammern der Vergangenheit aber schimmerte da oder dort ein Punkt, ein Haus etwa, ein vergessenes Zimmer oder eine Landschaft, wo man wohl einst gewesen sein mußte und wohin man sich zugleich doch immerfort bewegte:" (aus Heimito von Doderer, DAS LETZTE ABENTEUER - Ein "Ritter-Roman" z.B. in der Sammlung "Unter schwarzen Sternen, Erzählungen, Biederstein 1966, ISBN-10: 3764200553) 
 
Eine Tür zur Vergangenheit (aufgenommen ca. um 1986)
 
 
Der Ort, an den ich mich erinnere, ist für jene die ihn kennen, ziemlich genau bestimmbar. 
Ein verwilderter Obstgarten in Amras. Die Obstbäume darin: Alte Hochstammsorten mit Äpfeln und Birnen deren Reifungsgrad ohne Abstufung zwischen sauer und faul changierte. Dazwischen hohes Gras, Brennnesseln bis zum Kinn, ein Brunnen, aus dem das Wasser Tag und Nacht rann, im Abfluss fingerdicke Regenwürmer, ein desolates Bauernhaus mit undichtem Dach und ein paar nicht minder baufällige Schuppen, in denen z.B. Farben aus den fünziger Jahren mit passenden Farbrollen gelagert wurden, ein Altholzstoß der aus den Teilen eines alten Leiterwagens bestand und in dem sich stets junge Kätzchen verkrochen. Beerensträucher, durchsetzt mit Holler und Brennnessel, von wildem Wein überwucherter Flieder, im Frühjahr Unmengen Schneeglöckchen, im Frühsommer dann und wann eine junge Katze, deren Kehle von einem Kater durchgebissen worden war, im Hochsommer Weinbergschnecken unter jedem Blatt,  im Herbst Unmengen Wespen, die dem Duft des gärenden und faulenden Obstes folgten.
 
Damals, um 1975, muss es eine Kinderparty gewesen sein, die sich aufgrund milder frühsommerlicher oder spätfrühjahrlicher Temperaturen bis in den warmen Abend zog. Zuletzt saß ich mit drei Schulkollegen im niedrigsten der Apfelbäume, ein breit ausladendes Exemplar mit Ästen, die so dick wie Stämme waren. Eher ein Fremdkörper zwischen den alten Hochstämmen; trotzdem aus kindlicher Perspektive mächtig und v.a. bequem zum Sitzen. 
Ein Abend, der aus unserer Sicht kein Ende nehmen hätte sollen. 
Ein Stück Ewigkeit.
 
Irgendwann so um 22h dürfte dann der Beschluss der übrig gebliebenen Elternschaft gefallen sein, dass der Ewigkeit doch ein Ende zu setzen wäre. Ich erinnere mich noch, wie sie unten im Halbdunkel, tlw. von ferner Straßenbeleuchtung angestrahlt, standen: Meine Oma (die sie zuerst vorgeschickt hatten) und die Eltern. Die Verhandlungen, uns vom Baum zu bringen verliefen mühsam und zuerst schon recht amüsiert. Irgendwann hat dann mein Vater, wohl aufgrund reißenden Geduldfadens, ein Machtwort gesprochen. Nun ging es ganz schnell. Kleinlaut krabbelten wir den Baum runter, wobei es sich herausstellte, dass der Abstieg gar nicht mehr so einfach war...zumindest taten wir so.

Am kurzen Weg nach Haus gellte ein Pfiff durch die Nacht. Wir blickten dorthin, wo wir die Quelle vermuteten...und im dunklen Wald oberhalb von Amras sah man den Wiederschein eines Gefährts zwischen den Stämmen der Bäume aufblitzen, das langsam und sonst lautlos bergan fuhr. 
Ich fragte (um Nichtschlafenszeit zu gewinnen*): "Die Igler? Jetzt noch?" Darauf setzte mein Vater zur erfahrungsgemäß (mein Mutter rollte nur die Augen) ausholenderen Erklärung an: Dies sei der Kurs, der die Theaterbesucher nach Igls heimbringt. Er ergänzte das dann noch um einen geschichtlichen Rückblick bis in dei Dreißigerjahre, den ich aber längst vergessen habe.

Der Obstgarten - längst verschwunden. Die Bäume - zu Brennholz verarbeitet. Die Farben - vertrocknet. Die Schuppen - einplaniert. Nichts zeugt mehr von diesem Platz. 
 
Der spätabendlichen Pfiff jedoch, den ich damals zum einzigen Mal gehört habe (mit länger Aufbleiben wars dann ohnehin einige Zeit vorbei und die Autobahn wurde jährlich lauter) schallt wieder durch den Wald.

*) Mein Interesse an der Bahn beschränkte sich damals im Wesentlichen auf deren besonderen Eigenschaft, dass man sich darin fortbewegen konnte, ohne zu erbrechen.

Dienstag, 2. Januar 2024

Ein Denkmal der Alpinistik

Zwischen 1986 (meinem Maturajahr) und 2001 (dem letzten Jahr in dem die Iglerbahn durchgehend planmäßig in die Stadt fuhr) nutzte ich die Bahn häufig für die Heimfahrt, zuerst von der Uni, später dann vom Büro, um noch einen abendlichen Spaziergang dranzuhängen.
 
 Mit den nun wieder häufigeren Fahrten mit der Iglerbahn, spätnachmittags oder am frühen Abend, tauchen aus dem zu dieser Zeit bereits dunkler werden Geäst des vorbeiziehenden Waldes manche längst vergessene Erinnerungen auf:
In der Kampfzone; in der Nähe des Zirbenwegs
 
Herr und Frau E. saßen häufig in der Buslinie K*, mit der meine Eltern und ich von Ausflügen aus der Stadt retour nach Amras fuhren. 
 
Die E.s waren ziemlich wettergegerbt, sehnig und recht einheitlich gekleidet: Offensichtlich noch alte zwiegenähte Lederbergschuhe, grobe Kniestrümpfe, Kniebundhosen, fein karierte Hemden (blauweiß oder rotweiß), Lodenjanker, Filzhüte. Beider Haartracht erinnerte, trotz erstaunlich dunkler Färbung, etwas an Baumbart. Die beiden saßen nicht selten im vordersten Doppelsitz gegen die Fahrrichtung, sodass sie, einem Denkmal der Alpinistik gleich, von den übrigen Fahrgästen während der Heimfahrt betrachtet werden konnten. 
 
Mochten sie auch wie Zwillinge erscheinen, so wirkte doch Herr E mit bedächtigen aber energischen Bewegungen und einer gewissen Einsilbigkeit eine Spur „berglerischer“ als sein Frau, die doch in ihrer Art etwas Betuliches an den Tag legte. 
 
So war es auch meist Frau E, die mit meinen Eltern sprach, während Herr E. so schien ,als würde sich in seinen Augen noch immer die Ziele der jüngsten Bergfahrt spiegeln. Obwohl sie beide, wie meinen Eltern sagten, schon an den Siebzigern vorbei waren (ich hätte sie als Volksschüler damals natürlich noch um mindesten 10 Jahre älter geschätzt) waren sie noch immer regelmäßig unterwegs. 
 
Ich stellte sie mir dabei immer irgendwo in der Waldeinsamkeit der Kampfzone vor, wo die nachmittäglichen Sonnenstrahlen die Stämme durchbrechen. Tief unten hört man kaum mehr den Wildbach. Evident hingegen ist das Kreischen der Zirbelhäher. Einmütig und langsam den steilen, selten begangenen Waldpfad hinauf schreitend. Vorbei an verwitterten Marterln, die von vergangen Missgeschicken zeugen.
 
 Immer wenn ich die beiden sah, auch bei meinen eher seltenen Heimfahrten mit dem K (wer will schon freiwillig mit so einer Buslinie fahren) später im Gymnasium, umwehte sie der Hauch des Hochwaldaromas und die Erinnerung an einsame Pfade, auf denen man eher einer Gämse als einen Menschen begegnete.
 
 Irgendwann in den späten Achtzigerjahren, möglicherweise schon nach meiner Matura, war ich mit meinen Eltern in Igls zum Mittagessen unterwegs (Ägidihof, Sporthotel oder Milchtrinkstube). Am Nachmittag ging es dann noch zum obligatorischen Schöller-Eis in die Bahnhofsrestauration Igls. Der dortige Gastgarten am Bahnsteig war restlos besetzt. 
 
In der Menge saßen im gewohnten Ornat auch Herr und Frau E., unverändert durch die Zeiten, nun wirklich schon über Achtzig. Ich bemerkte, dass die beiden nun auch kürzer treten würden und nur mehr den Pensionistenberg erstiegen. 
Meine Mutter erwiderte darauf, dass die beiden nie irgendwo anders unterwegs gewesen wären. Auf meine Frage: „Auch früher schon?“ meinte sie nur: „Ja“. 
 
Trotz dieser „Aufklärung“ glaube ich noch immer, dass sie einst, vielleicht lange. vor ich sie als Kind kennenlernte, dort unterwegs waren, wo ich sie eigentlich vermutete: Wandernd in der Waldeinsamkeit der Kampfzone durch die nachmittäglichen Sonnenstrahlen, die die Stämme durchbrechen… 
 
*) Damals war der K die Linie, die umwegigst von St. Nikolaus / Trogerstraße nach Amras / Schloßcafe, dabei jeden Stau mitnehmend und manchmal beim fahrplanmäßigen Stundentakt mit bis zu drei Stunden Ausfällen fuhr. Aus mir unerfindlichen Gründen wollten meine Eltern immer (sei es mit Igler oder Postbus unterwegs) zuerst in die Stadt, obwohl man direkt bei Schloss Ambras hätte aussteigen können. 

Samstag, 23. Dezember 2023

Eine graue Silhouette im Wald

Ein Baumwurf heutzutage am westlichen Paschberg

Zwischen 1986 (meinem Maturajahr) und 2001 (dem letzten Jahr in dem die Iglerbahn durchgehend planmäßig in die Stadt fuhr) nutzte ich die Bahn häufig für die Heimfahrt, zuerst von der Uni, später dann vom Büro, um noch einen abendlichen Spaziergang dranzuhängen.

Mit den nun wieder häufigeren Fahrten mit der Iglerbahn, spätnachmittags oder am frühen Abend, tauchen aus dem zu dieser Zeit bereits dunkler werden Geäst des vorbeiziehenden Waldes manche längst vergessene Erinnerungen auf:

Meist fuhr mit der Bahn von der Stadt bergwärts um ca. 5 Uhr abends ein etwas älterer Herr mit Mantel und Aktentasche, der die Bahn stets in Tantegert verließ und im Wald verschwand. Sein Gesicht zu beschreiben, fällt mir heute schwer; seine Gesichtszüge wirkten eher weich und seine Haut hell, was davon zeugte, dass er wohl sinen Tage im Büro verbrachte, sodass ich annahm dieser Gang in den Wald wäre sein einziges Naturerlebnis am Tag. In Manchem mögen wir uns rückblickend sogar ähnlich gewesen sein, allein als noch jugendlicher Mann sieht man diese Ähnlichkeiten nicht oder möchte sie lieber nicht sehen.

Ich zog es jedenfalls vor, nachdem dieser Herr sozusagen Tantegert „besetzt“ hatte, mit dem Gros der Fahrgäste, die damals meist Lans zustrebten, den Triebwagen in der Station Lans-Sistrans zu verlassen, um eine Runde ums Lanser Moor oder einen Abstecher auf den Lanserkopf zu machen.

Bis auf den einen Tag. War es im Vorfrühling oder im Spätherbst, den typischen Jahreszeiten für Paschbergwanderungen? Ich weiß es nicht mehr. Tags zuvor war die Iglerbahn jedenfalls wegen Föhnsturms nicht gefahren. Der erwartete Starkregen war aber auch ausgeblieben und es folgten ein paar undefinierbare Tage mit dem sehnsuchtsvollen Geruch von Meer und einem Widerstreit von Föhn und Regentröpfeln vor eisgrauer Wolkenkulisse. Es wurde an jenem Tage früher dunkel und ich stieg in Tantegert aus, mit der Absicht ein wenig durch die Gegend zu streifen.

In diesem Moment zog der Herr mit Aktentasche (er war offenbar im hintersten Teil des Zuges gesessen) zielstrebig an mir vorbei am Steig in Richtung Poltenhütte. Wir sahen uns einen Moment in die Augen und nickten uns zu, wobei er die Krempe seines Hutes nachlässig berührte. Im Nachhinein möchte ich sagen, dass aus seinen Augen etwas Schalkhaftes blitzte, aber so genau vermag ich das nicht zu sagen.

Ich sah dem Herrn noch eine Weile nach und ….ging dann ihm folgend weiter. Gemächlich, um nicht aufzuholen. So schritt im Dämmerlicht vor mir dessen graue Silhouette, gelegentlich hintern den Wegbiegungen verschwindend. Der Wald der Bahnkehre oberhalb von Tantegert war damals voll ausgewachsen. Man ging also im „dunkeln Tann“, auch wenn es nur Fichten waren. Damals stand neben der Wasserfassung für Tantegert (die auch heute noch zu erkennen ist) noch eine sehr schattige Bank. 
An dieser Stelle vorbeigekommen sah und sieht man auch heute noch ins Helle, auf den Bahnübergang in der Kehre, wo damals der Herr gerade im Begriffe war seinen Schritt zu beschleunigen, so als hätte er etwas entdeckt.

Auch ich versuchte nun aufzuholen und wollte gerade die Bahnstrecke queren - es wurde mir aber bewusst, dass der Hohlweg hinauf zur Poltenhütte durch eine mächtige gestürzte Fichte versperrt war. Das Geäst bildete vom Stamm, der gut drei Meter über dem Hohlweg auf dem angrenzenden Gelände auflag, einen undurchdringlichen dunkelgrünen auf den Weg herab hängenden Vorhang. 
 
Vor diesem ging der Herr gerade in die Hocke zu seiner bereits dort abgestellten Aktentasche und nestelte an ihr herum. Ich blieb gut dreißig Schritte unterhalb am Waldrand und beobachtete. Er nahm aus der Aktentasche ein rahmenartiges Objekt, legte dieses behutsam auf den Boden und begann, nun wieder aufgestanden sich etwas ungelenk seines Mantels und seinen Hutes zu entledigen, die er sorgfältig auf einem größeren Stein am Wegesrand ablegte. Er drehte sich unvermittelt um, blickte in meine Richtung; ich blieb starr im Dunkel des Waldrandes; er blickte noch eine Weile, schien dabei zu lächeln, aber mich nicht bemerkt zu haben. 
 
Er bückte sich erneut, griff zu dem Objekt am Boden und hielt dieses abwägend in seinen Händen, dabei ein paar Schritte von der Barriere zurücktretend. Aus seinen Kopfbewegungen zu schließen betrachtete er den Baum über dem Hohlweg. Schließlich reckte er sich und setzte das rahmenartige Objekt an einem der Äste über seiner Kopfhöhe an. 
 
Das folgende sägende Geräusch und das sichtbare Fallen von Spänen klärte nun die Bewandtnis mit diesem Objekt. Nach einer Weile riss er energisch am Ast, ein klares Knacken, noch ein kurzes Sägen und der Ast plumpste zu Boden. Der Vorgang wiederholte sich nun einige Male, bis sich in der gestürzten Fichte ein Tor auftat. Es mochte ein gute Viertelstunde vergangen sein. Mittlerweile war die Dämmerung schon so fortgeschritten, dass man hier im Wald mit dem Augenrand sehen musste. 
 
Er packte die Bügelsäge wieder in seine Tasche, klopfte sich Späne von Hemd und Hose, schlüpfte nun erstaunlich behände in seinen Mantel, prüfte den Sitz seines Hutes mit beiden Händen und verschwand bergwärts, wieder zur nun dunkelgrauen Silhouette mit Aktentasche geworden, im Wald. Ich verweilte noch ein wenig und schlenderte dann zum neu geschaffenen Tor. Einige Zeit stand ich darunter, betrachtete in der einbrechenden Nacht das sauber ausgeschnittene Werk und die beiseite gelegte Äste. Es war nun schon zu dunkel, um noch ein längere Wanderung zu unternehmen, ich trat den Rückweg an, gerade als ich das Pfeifen des von Aldrans kommenden talwärts fahrenden Zuges hörte und das Aufblitzen der Scheinwerfer im Geäst wahrnahm.

Seither lies ich mich nicht mehr in meinen Absichten von diesem Herren beeinflussen. Öfters stiegen wir gemeinsam aus, gelegentlich grüßten wir uns verstohlen, ich schritt jungendlich forsch aus und dachte mir, wenn er wieder sägen will, wird er schon eine andere Route wählen. Angesprochen habe ich ihn auf seinen Tätigkeit nie. 
 
Oft sah ich nach Sturmschäden Wegestücke ausgeschnitten. Wer gesägt hat? Wer weiß. Ob er heute noch durch die Wälder streift und freischneidet? Vermutlich nicht.

Denn die Generation Mann mit Hut ist mittlerweile längst verschwunden. Mein Vater gehörte auch noch dazu und war damit schon etwas anachronistisch unterwegs.
 
Und dennoch. Es gibt auch heute noch Spaziergänger, die die Säge zur Hand nehmen. 
Das weiß ich gewiss.