Blick zum Tegestal und zum Fernpass (ganz rechts hinten) von den abhängen der Ehrwalder Sonnespitze
Summa Summarum werden die Tunnels für die Fernpassroute ca. ¾ Mrd Euro Kosten. Ich wage zu behaupten, dass wir bis zur Vollendung des gesamten (ohne vierspurigen Ausbau dazwischen) 2 Mrd Euro gezahlt haben werden, weil das Projekt sicher über 10 bis 20 Jahre laufen wird, auch wenn man vielleicht auf die ach so teure begleitende Radweginfrastruktur verzichtet.
Derzeit kann man bei der Straßenverwaltung nachlesen, dass aufgrund der Risikoanalyse im Lermooser Tunnel einen 50km/h Beschränkung gilt.
Vordem galt Tempo 80.
Durch die sicherheitsbedingt notwendige Geschwindigkeitsreduktion erfährt der Tunnel einen Leistungsverlust pro Richtungsfahrbahn von ca. 6%. Statt ca. 1550 Fahrzeuge bei 11% LKW Anteil gehen nun nur mehr 1480 Fahrzeuge pro Stunde durch (das habe ich mir selbst mit einern Kolonnenberechnung ausgerechnet). Die Spitzenbelastung liegt heute wohl ca. 40% tiefer. (vgl. Verkehrsstatistik des Landes Tirol). Wenn man die Spitzenbelastung an der Grenze bei Füssen zugrunde legt immer noch 30% tiefer, als das, was der Tunnel mit 50km/h durchsetzen kann.
Der Bau der zweiten Tunnelröhre wird es erlauben a) die Höchstgeschwindigkeit von vormals 80km/h auf 100km/h anzuheben und b) den Fahrquerschnitt zu verdoppeln.
Das bedeutet a) eine Anhebung des Stundendurchsatzes pro Fahrspur von 2% und insgesamt b) eine Verdoppelung der erzielten Leistungsfähigkeit durch Verdoppelung der Fahrspuren.
Klingt doch alles paletti.
Doch was bedeutet es für die noch verbliebenden Abschnitte im Gegenverkehr, die zwischen Füssen und Nassereith immerhin noch ca. 93% der Streckenlänge ausmachen?
Nun kann man zwar sagen, dass der zweispurige Tunnel als Inselbetrieb ohnehin für den Hochleistungsverkehr nicht erreichbar ist und daher mittelfristig nicht verkehrswirksam wird.
Doch warum baut man ihn dann?
Um die EU reinzulegen?
Das mag ja im Archetypus des Tiroler Selbstverständnisses vom Bauern der den Teufel reinlegt, verständlich sein. Doch geht das von zwei Falschanahmen aus. Die EU ist kein Teufel und Einen Teufel kann man nicht reinlegen, man wird dabei nur selbst reingelegt indem man selbst zumindest zu einem Teufelchen wird.
Eher stellt sich schon die Frage, wie die Straßentransitlobby das deuten wird. Die Schnellstraße Ulm-Mailand lässt grüßen.
Der Nutzen für die Bevölkerung ist marginal.
In Relation zum bisherigen Tunnel bringt die zweite Röhre eine Zeitersparnis von ca. 29 Sekunden pro Fahrt. Pendelt man täglich gibt das eine Zeitersparnis von max. ca. 6 Stunden im Jahr.
Erwarten wird man sich wohl mehr an persönlicher Zeitersparnis, staut es sich doch am Fernpass bereits heute. Das wird es aber auch nach dem Bau des Fernpasstunnels in Spitzenzeiten an anderen Stellen der dann noch nicht vierspurig ausgebauten Straße tun.
Die Situation ist, wie oben aufgrund der Verkehrsdaten dargelegt, keinesfalls als Notlage einzustufen (da sie nur einzelne Spitzenzeiten umfasst und nicht einmal da an Kapazitätsgrenzen rührt).
Eine gleichmäßige Verbesserung wird aber nur dann möglich, wenn die vierspurigen Abschnitte deutlich länger werden. Da fehlen aber noch einige Kilometer- Nicht nur zwischen Nasserreith und Reutte.
Wenn der Engpass wirklich im Lermoosertunnel allein läge, ist das Problem nur hausgemacht.
Update Mai 2025
Kürzlich hatte ich mich zum auch im Land Tirol angekündigten Sparpaket geäußert: Wenn der Fernpasstunnel gebaut und der Tschirganttunnel weitergeplant wird, sehe ich keine Notwendigkeit zu sparen.
Ich wurde nun dahingehend aufgeklärt:
Der Fernpasstunnel (Kosten etwas unter ¼ Mrd. Euro) muss gebaut werden, da nur so Maut eingehoben werden kann.
Ohne Mauteinahmen lässt sich die zweite Röhre mit ¼ Mrd Euro kolportierte des 3168m langen Lermooser Tunnels nicht finanzieren.
Die zweite Tunnelröhre in Lermoos sei notwendig, da es sich bei der Fernpassstraße um eine höherwertige Transitroute im EU-Interesse handelt.
Vom Tschirganttunnel (mittlerweile ca. ¼ Mird Euro kostend) redete eh keiner.
Vor wenigen Jahren gab es das erste Fernpasspaket. Dazu hätte ein Bahntunnel von Mötz oder Silz bis ins Ehrwalderbecken geschaffen werden sollen. Würde vermutlich weniger kosten (geschätzt wurde er mit 1,4 Mrd Euro - gemäß Machbarkeitsstudie Fernpassbahn) als der Vierspurausbau der Straße zwischen Füssen und Imst bzw. Mötz.
Eine Bahnstrecke wäre zielgerichteter für eine Verkehrsverlagerung auf die Schiene, Energieautonomie und Menschenschutz.
Die Zeichen der Zeit scheinen nun allerdings wieder mehr auf Straßenverkehr und Verbrennung zu stehen und wenn man sich zu diesen Themen kritisch äußert, wird es in Gesprächsrunden erstaunlich schnell betreten still.
Wahrscheinlich weil wir alles schon sehr vom Geben und Nehmen des Ganzen korrumpiert sind: Ich darf mich auch nicht aufregen, solange die Waldbahn fährt und die Regionalbahn nach Völs, später Kematen / Zirl bzw. Hall / Wattens gebaut wird und gelegenltich ein Radwegchen mit 20% Steigung eröffnet wird. Solche Projekte werden ja auch mitunter als Verschwendung bezeichnet, da sie „nur“ dem Umweltverbund nützen, sind sie aber meiner Meinung nach nicht.