Nicht die Hauptperson dieses Blogeintrags, aber ein schönes Bild als Einleitung, Aquarell, Ausschnitt, undatiert |
Seit geraumer Zeit wartet schon ein Thema, das ich gerne (?) im letzten Jahr bearbeitet hätte - doch manches braucht Abstand.
So auch der Tod meiner Mutter.
Ihr wollte ich ähnlich, wie meinem Vater, einen Nachruf schreiben - nur möglichst weit weg von solchen Floskeln, wie man sie auf Partezetteln gerne sieht "Die Mutter war´s, was brauchts der Worte mehr".
Obwohl ich mittlerweile denke, dass diese Zeile sehr treffend ist - denn wie das so bei Kindern und Müttern ist - die Beziehung ist enger als beim Vater, schon biologisch bedingt. Mütter haben zumindest vom Bauchgefühl neun Monate Vorsprung bei der Beziehungsarbeit. 9 Monate länger, die mehr geliebt werden - in denen man sich auch mitunter ganz schön auf die Nerven geht, aber auch viel zu lachen hat; selbst wenn die mütterliche Fürsorge mit steigender Tendenz von Angst durchwoben ist, so empfand ich es zumindest.
Das soll auch erklären, warum ich Im Oktober 2013 diese Worte aus dem Buch Jesaia "du brauchst dich nicht mehr zu fürchten / und bist fern von Schrecken; / er kommt an dich nicht heran" in die Parte schreiben ließ.
Ein paar Leute hat es damals irritiert. Sozuagen tat ich es, um das zu bannen, was die Gedanken meiner Mutter gegen Ende ihres Lebens ständig enger umkreisten. Nachdem ich bei ihrem Tod anwesend war, glaube ich allerdings, dass dieser Bann mehr eine nachträgliche Feststellung war; den zumindest mein Gefühl ist, dass Sie ohne sich umzuwenden gegangen ist, was wohl ein Zeichen ist, dass die Angst ein Kleid ist, das man im Jenseits auch abstreift. Natürlich holen mich diese Ängste, die meine Mutter nie verschwiegen hat, mitunter andeutungsweise ein (denn ich habe mir auch immer Gedanken gemacht, warum ich kaum etwas davon nachfühlen konnte - wenn man von der Angst vor Ärzten absieht) - aber es ist wohl mehr das Alter, dass langsam aber sicher kommt - und das nicht zu verhindernde schlechte Gewissen, ich hätte ihr doch mehr helfen können.
Ich schiele ein wenig zum Nachruf, den ich 2010 für meinen Vater schrieb, rüber - und weiß doch, dass ich diesen nicht als Schimmel verwenden kann. Aber was meinen Eltern gemeinsam ist, dass sie etwas geschaffen haben. Ich rede nun nicht von diversen zweifelsohne notwendigen Erhaltungsmaßnahmen an Haus und Garten, oder einem sparsamen Leben, um mir die Ausbildung zahlen zu können, sondern um kreative Werke aus denen indirekt auch der spricht, an den sonst die Erinnerung verblassen kann.
Darunter ist auch manches, das die Erinnerung, so wie ich sie mir gedacht habe, verändert. Ich erinnere mich, dass meine Mutter mir einmal gesagt hat (Es dürfte ein Zitat von jemanden Prominenten gewesen sein, denn sie sammelte gerne Aphorismen) ein wirklich kreativer Akt wäre ein Kunstwerk erst, wenn man, nachdem es fertig ist, sich nicht mehr im Klaren ist, ob man es wirklich selbst gemacht hat. Sie selbst meinte, dass sie weit davon entfernt sei - und doch malte und zeichnete sie.
Manches liebten wir (Papa und ich), für manches hatten wir hingegen gar nichts übrig.
Nun habe ich die Zeichenmappe meiner Mutter hervorgeholt und werde einiges sozusagen als bildlichen Nachruf online stellen.
Landschaft, Öl auf Aquarellpapier ca. 20/15cm, 1978 |
Blumen im Glas, Aquarell Din A4, 1985 |
Blumen malte Mama hingegen immer schon gerne. Zwischen 1980 und 1990 musste ich und mein Vater aufpassen, was wir sagten. Ich freute mich einerseits, dass meine Mutter ein Hobby hatte, die sie freute - andererseits konnte ich mit dieser Motivwahl damals nicht viel anfangen. Ich erinnere mich bei der Gelegenheit, dass ich mir mal beim Ostereierbemalen, das wir immer gemeinsam machten, einen Sikorskyhubschrauber H19 als Motiv wünschte, was sie zu meiner vollsten Zufriedenheit erledigte, selbst aber potthäßlich fand.
Nun noch ein paar Beispiele. Heute finde ich das mittlere Bild am gelungensten. Damals mochte ich die Sonnenblume am liebsten. Und beim Obersten gefiel mir immer schon wie "gläsern" das Glas ist. Technikeraugen. Wahrscheinlich.
Rosen in Glasvase, Tempera auf Aquarellpapier, Din A4, 1988 |
Rosen im Glas, Aquarell, Din A4, 1996 |
Sonnenblumen in Vase, Deckfarben, Din A4, vermutlich 90´ er Jahre |
Das was ich immer vorbehaltlos geschätzt habe und was meine Mutter vor allem gut konnte, wenn sie es beiläufig machte (bzw. weil sie es beiläufig machte), war Portraits zeichnen. Dazu muss ich etwas in die fernere Vergangenheit gehen:
Toni Kirchmair betrieb in den späten Vierziger und frühen Fünzigerjahren in Innsbruck eine private Malschule. Mein Mutter besuchte diese ein oder zwei Jahre. Sie hat ein Empfehlungsschreiben für die Akademie in Wien bekommen, bekam aber zugleich doch kalte Füße (oder warnes mehr meine Großeltern?), sodass es beim Hobby blieb. Sie hat dann meist aus Zeitschriften Photos rausgerissen und danach gezeichnet. Ab und zu auch in einem VHS-Kurs, wobei sie da nie mit sich und der Situation zufrieden war - ich würde es rückblickend eher als Verhalten in Art des Fuchses mit den sauren Trauben ansehen, denn Sie hätte meiner Meinung nach vom allgemeinen Interesse das Zeug für ein bildende Künstlerin gehabt.
Möglicherweise (das vermute ich) Arnulf Rainer; ein gewissen Typähnlichkeit mit Anton Christian, wäre wohl auch gegeben (das würde mir jetzt gut passen, um ein Verbindung zu Anton Kirchmayr herzustellen), Kuli auf Papier, Din A4, undat. |
Reimmichl, Bleistift auf Papier, Din A4, undat. |
Johnny Cash (das hätte sie wirklich nicht dazuschreiben müssen), Bleistift auf Papier, Din A4, 1988 |
Unbekannt, Kuli+Filzstift auf Papier, Din A4 undat. |
Joseph Ratzinger, Bleistift und Kuli auf Papier, Din A4 undat. |
em. Papst Benedikt XVI, Blesitift und Filzstift auf Papier, Din A4 undat. |
Das Gesicht als Schlüssel zur Seele. Das hat sie durchaus mitunter gemeint und zugleich, dass man aus dem Äußeren nur sehr schwierig das ablesen kann um was es im Innersten geht.
Nun noch zwei Architekturdarstellungen. Über die meine Mutter im Allgemeinen zu sagen pflegte: Wen interessierts? (da haben wir öfter diskutiert)
Maria Larch, Aquarell Din A4, undat. |
Turm im Keuchengarten, Schloss Ambras, Din A4, undat. |
Wenn ich mit dem Rad über Pradl - momentan bevorzugt über die Grenzstraße zum Straßenbahnbaustelleschauen in die Stadt reinfahre, dann denke ich in letzter Zeit häufiger an meine Mutter, da das über lange Jahre ihr Schulweg in die Hauptschule Rennerschule war - seltsamerweise hatten meine Eltern diese Schule übrigens aus reiner Gewohnheit noch immer Schemmschule genannt. Von den Erlebnissen am Schulweg wurden ab und zu irgendwelche Schwänke hervorgekramt wurden. Jetzt erscheint mir meine Mutter als Jugendliche, wo ihr Leben noch andere - u.a. die oben beschriebenen - Perspektiven offen hatte, beinahe näher als jener Mensch, den ich als Sohn kennengelernt hatte. Die Bilder, die sie gemalt hat, knüpfen wohl auch eher an jene Zeit an.
Alle Abbildungen: Marga Schönherr