Mittwoch, 30. Mai 2012

St. Norbert


Zu den InnsbruckerArchitekturtagen erlaube ich mir, einen genaueren Blick auf die (fast) im Angesicht des Paschbergs stehende St. Norbert Kirche zu werfen.....

Am 18.3.2012 habe ich nach längerer Zeit die Kirche St. Norbert besucht.
Meiner Meinung nach ist sie das programmatische Objekt der Innsbrucker Kirchen, die in Vorahnung oder Nachhall des zweiten Vatikanums (also 1962-1965) entstanden. Es gibt zwei weitere größere Objekte im Stadtgebiet; St. Pius (Planung Lackner), und Petrus Canisius (Planung Parson).

Ich bin nie recht warm geworden mit dem städtebaulichen Ansatz in den Werken Lackners. Dieser existiert meiner Meinung nach nicht. Doch die Bauwerke in sich gefallen mir und sind auch äußerlich so stark, dass sie mitunter einen Ort definieren können, wo keiner ist. vgl. AUT: Lackner - Tour

TT-Artikel: Innsbruck – Vor 40 Jahren war das Pfarrzentrum St. Norbert in Innsbruck modern. Der bekannte Tiroler Architekt Josef Lackner hatte im Untergeschoß ein Pfarr- und Gemeindehaus und im Dachraum eine Kirche mit einer Sakristei geplant. Heute sieht es hingegen in St. Norbert trist aus: Es gibt immer weniger Kirchgänger und das Gotteshaus ist nicht nur baufällig, sondern auch äußerst desolat. Und deshalb ist jetzt ein Streit über die Zukunft der Kirche entbrannt.....
 
St. Norbert wird vielleicht bald Vergangenheit sein. Ein Nachhall einer Zeit, die man ungeschehen machen möchte. G´tt weiß warum. Obwohl gerade kürzlich Innsbrucks Posamentriewerkstätte zugesperrt hat und man meinen könnte, dass man sich der Kordeln und Quasten vergangener Ausstattungen als vom Wesentlichen ablenkendes Beiwerk entledigt hätte, muss man doch konsterniert konstatieren, dass das Gegenteil der Fall ist. Und so bleibt die klare Linie derzeit in der Kirche auf das Verbale beschränkt, während die Formensprache am liebsten in neubarocken Geplüsche und Gequaste versänke. Zwar mag der Gedanke dahinter, nämlich durch das ausgiebig verwendete Ornament den Priester und die Messbesucher als individuellen von der Meditation ablenkenden Teil einer göttlichen Ordnung zu camouflieren, prinzipiell richtig sein; doch funktioniert das meiner Meinung nach ebenso mit klaren Linien.

Die Kirche mit Dach eines stilisierten Prämonstratenserhabits oder vielleicht auch einer Schutzmantelmadonna könnte also der Abrissbirne ausgesetzt werden.
Ein Sanierungsfall. Zu teuer. Asbestverseuchung (die Dachdeckung). Nicht behindertengerecht. Zu wenig Barock (das ist mein Verdacht) und daher ungeliebt – obwohl – die einzige mir bekannte Kirche mit Velourteppichboden. Eine der wenigen Kirchen die sehr einladend wirkt, obwohl sie hell ist (Gut. das ist meine persönliche troglodytische Vorliebe).

Ich weiß keine Antworten zur Lösung des Problems, auch nicht zum allgemeinen das verursachenden Ambiente, das Herr Parth im Vowort zur „Gott sieht alles....“  sehr gut beschrieben hat. Daher sage ich auch nicht mehr und stelle nur diese Photoserie ins Netz.

Blick aus dem Mantel in die Welt. Das Kreuz am Vorplatz wurde übrigens erst vor ca. 10 Jahren gesetzt, so als ob man Angst hatte, dass Bauwerk würde sich nicht erklären? Vielleicht war dieser zufällig verfügbare Standort zwischen Kaserne und Südring der falsche Ort?

Die um den Altar gruppierten Bänke in dem weiten quadratischen Messraum unter einem schwebenden Dach. Die gesamte Dachkonstruktion liegt übrigens auf nur 4 Eckpfeilerpaaren auf.

Das Eternitdach. Es würde wahrscheinlich noch Jahrzehnte halten. Wenn man es in der würdigen Bemoosung lässt, die an sich nichts Schlimmes ist. Erst durch Putzen entsteht Abrieb von Asbestfasern....

Der Mantel. Man könnte natürlich, so stimmig wie sich das Auto ins Bild fügt, die Ästhetik des Kirchenentwurfs als zeitgenössisch (praktisch wieder nostalgisch) einer diesbezüglich dunklen Zeit unter Kritik stellen; doch greift diese Betrachtungsweise zu kurz, denn auch die Astronauten der Mondlandung (selbe Ära) sind noch mit der Bahn und nicht mit dem Auto zur Ausbildung gefahren (die Polemik erlaube ich mir ohne Recherche).

Das Licht rieselt an der Innenseite des Mantels herab.

Weihwasserbecken am Aufgang, Teppichbelag. Schalenstein;-)?

Pfingstflamme?
Ohne Schatten sieht man das Licht nicht wirklich. Solche Platitüden sind nicht grundsätzlich falsch.

Epilog

Möglicherweise ist alles auch anders als hier geschildert. Vielleicht bekommt das Bauwerk doch ein Gnadenfrist.

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