Freitag, 20. Februar 2015

Exkurs: Orgelbau

2 oktavige Kleinorgel inkl. Halbtönen, mit Stechermechanik, ca. 50/70/25cm, Jan/Feb 2015

Das ist fesselnder als das Internet. 
Und da das Freizeitbudget begrenzt ist, ging im Jänner und Februar mit "ihr" mehr Zeit drauf. 

Man kann sogar richtig darauf spielen (no na, sonst hätte ich diese Bastelei nicht versucht), wobei die Töne für professionelle Musiker eine Qual sein dürften. Der Gelb-Grüne Zebrastreifen mit den Notenbezeichnungen ist abnehmbar; der ist nur für mich.

Begonnen hat das ganze eher beiläufig, als ich für einen Freundin bei den Innsbrucker Blockflötentagen 2013 fotographierte.

Besonders fasziniert haben mich dabei die zerlegbaren Bassflöten der Innsbrucker Musikschule - die so gar nicht "schönen" Musikinstrumenten ähnlich sind. 
Das erinnerte mich wiederum an die eckigen Holzpfeifen einer Orgel, die mir immer optisch besonders gefallen haben - eben , weil sie nicht rund sind, sonderen eher wie Gebäude aussehen.

Nachdem Weihnachtszeit, wie schon im letzten Eintrag gesagt, Bastelzeit ist, habe ich dann aus reiner Neugier das zu bauen versucht, was ich in Volksschulbastelstunden nie zusammengebracht habe  - Pfeifchen. 

Das Internet ist voll von Tips dazu und macht es leicht, sich reinzuwagen. 

Letztendlich bin ich bei einer Bauanleitung von Jan Boersma gelandet, der anschauliche Zeichnungen zu den Konstruktionsprinzipien zeigt und auch einfache (frei) und kompliziertere (zu kaufen) Bauanleitungen liefert.


von l. n. r. Monsterpfeife aus MDF (kommt gut bei Kindern an, die Lärm machen wollen), Funktionsmodell Taste mit Stechermechanik, Oktavorgel nach Bauanleitung von Herrn Boersma mit gedackten Pfeifen
Das Ergebnis der Verarbeitung von Holzresten war im Jänner/Februar 2014 diese Sammlung von Musikinstrumenten. Leider habe ich es mit der Exaktheit der Fertigung nicht so wirklich - daher waren die Pfeifen trotz Dackung kaum zu stimmen und letztendlich hörte man den schönsten Ton, wenn man alle Tasten gleichzeitig drückt (dann klingt sie wie eine US -Güterzuglok). Außerdem war die Luftzufuhr zu eng -und damit die Reibungsverluste vom Gebläse zur Windlade zu hoch, sodass bei konstanter Luftzufuhr aus einem Gebläs eher ein Röcheln zu hören war. 

Ich habe mich im Laufe des vergangenen Jahres dann gelegentlich mit Mensuren befasst und diesen Mensurenrechner gefunden. Mit dessen Hilfe habe ich eine Mensur für 3 Oktaven abgestimmt auf die Verwendung handelsüblicher Sperrholzstärken durchgerechnet.

Anfang Jänner 2015  ging es dann mit guten Vorsätzen los. Praktisch ohne genauen Plan ausgenommen der Mensurentabelle. 
Entschieden habe ich mich für zwei Oktaven. Auf die Dackung habe ich verzichtet und die Pfeifen einfach auf die tonwirksamen Länge zugeschnitten - mit der Gefahr, dass sie etwas falsch klingen. Statt einer Seilzugmechnaik, die von meinen beiden linken Händen zuviel Fingerfertigkeit verlangt, habe ich nun eine Stechermechanik gebaut, bei der die Windlade unter der Tastatur liegt. 

Ein paar Impressionen vom Bau:
6.1.2015 Orgelpfeifenanfertigung...

16.1.2015 wie groß muss den nun Pfeifenstock und Windlade sein?

16.1.2015 Kanzellen fräsen; die müssen absolut dicht sein, sonst pfeift die Orgel aus dem letzten Loch (kommt der Spruch aus dem Orgelbau?)

23.1.2015 Die Ventile an Kanzellen und Pfeifenstock geklebt. Das Lammleder dafür hatte ich bereits letztes Jahr für die Kleinorgel bei der Gerberei Schatz (ein Besuch wert!) in Pill gekauft.

27.1.2015 So funktioniert die Stechermechanik. Der Luftverlust ist gering, wenn man Stäbchen mit kleinem Druchmesser nimmt und den Andruckpunkt noch auf dem Lammleder anordnet - dann dichtet nämlich das Ventil zugleich das Stecherloch ab und Luft kann nur ein wenig beim Drücken der Taste entweichen. Ist der Durchmesser der Stecher zu groß, fliegen einem die Tasten um die Ohren, solbald man Luft zuführt (auch ein solches Model habe ich versucht)

8.2.2015 das Gehäuse aus den Seitenteilen mit Maßwerken wird zusammengebaut. Das Maßwerkkonstruieren und -fräsen hat so ca. sieben Abende beansprucht - eine meditative Tätigkeit, freihändig gefräst - sieht so aus als hätte Ironimus gotische Fenster gezeichnet.
14.2.2015 Erste Tests; mit Gebläse (im Würfel), Pfeifen eingesteckt, Gehäuse noch ohne Abdeckung


14.2.2015 Fuzelarbeit zum Schluss: Aufkleben von Reitern unter den Tasten, die verhindern, dass die Tasten von den Stechern abrutschen und sich gegenseitig Verkeilen. (Professionisten Fräsen Führungsschlitze in stärkere Tasten und schlagen Klaviaturstifte als Führung ein - da muss man aber sehr genau arbeiten und kann die Taste nicht wie hier mit Kleber am Reiter in Postion schieben, bis es passt.


Am Aschermittwoch war die "Maschine" im Prinzip fertig.

Ein Test mit dem Altenberger Walffahrtslied (heute) hat gezeigt, dass das zweite c eine Nuance falsch (Professionisten werden sagen grauenhaft) klingt - aber ich erkannte die Melodie beim "Eintippen" im Zweifinger-Adler-Ssuchsystem prinzipiell wieder.

P.S. und zur Ehrenrettung des Internets das mich in letzter Zeit wenig sah: Wären nicht so viele Anleitungen, Lehrvideos u.ä. online, hätte ich mich kaum daran gewagt, so etwas über das  o.g. Pfeifchenexperiment hinaus zu probieren. 

Ein Dank allen, die wertvolle Tips online stellen!
Hier noch ein Überblick der für mich wichtigsten:
Jan Boersma 
Drehorgelbauer
Äolsflöten
Orgelbautechnik mit Detailskizzen
Stechermechanik eines Portativs
Mathias Wandels Homepage mit wertvollen handwerklichen Tips und Ideen (eine Orgel ist auch dabei)


1 Kommentar:

Marcellina hat gesagt…

letztendlich hörte man den schönsten Ton, wenn man alle Tasten gleichzeitig drückt (dann klingt sie wie eine US -Güterzuglok)

:-D