Donnerstag, 15. Oktober 2015

Marga Schönherr

Nicht die Hauptperson dieses Blogeintrags, aber ein schönes Bild als Einleitung, Aquarell, Ausschnitt, undatiert

Seit geraumer Zeit wartet schon ein Thema, das ich gerne (?) im letzten Jahr bearbeitet hätte - doch manches braucht Abstand. 
So auch der Tod meiner Mutter. 
Ihr wollte ich ähnlich, wie meinem Vater, einen Nachruf schreiben - nur möglichst weit weg von solchen Floskeln, wie man sie auf Partezetteln gerne sieht "Die Mutter war´s, was brauchts der Worte mehr". 
Obwohl ich mittlerweile denke, dass diese Zeile sehr treffend ist - denn wie das so bei Kindern und Müttern ist - die Beziehung ist enger als beim Vater, schon biologisch bedingt. Mütter haben zumindest vom Bauchgefühl neun Monate Vorsprung bei der Beziehungsarbeit. 9 Monate länger, die mehr geliebt werden - in denen man sich auch mitunter ganz schön auf die Nerven geht, aber auch viel zu lachen hat; selbst wenn die mütterliche Fürsorge mit steigender Tendenz von Angst durchwoben ist, so empfand ich es zumindest.

Das soll auch erklären, warum ich Im Oktober 2013 diese Worte aus dem Buch Jesaia "du brauchst dich nicht mehr zu fürchten / und bist fern von Schrecken; / er kommt an dich nicht heran" in die Parte schreiben ließ. 

Ein paar Leute hat es damals irritiert. Sozuagen tat ich es, um das zu bannen, was die Gedanken meiner Mutter gegen Ende ihres Lebens ständig enger umkreisten. Nachdem ich bei ihrem Tod anwesend war, glaube ich allerdings, dass dieser Bann mehr eine nachträgliche Feststellung war; den zumindest mein Gefühl ist, dass Sie ohne sich umzuwenden gegangen ist, was wohl ein Zeichen ist, dass die Angst ein Kleid ist, das man im Jenseits auch abstreift. Natürlich holen mich diese Ängste, die meine Mutter nie verschwiegen hat, mitunter andeutungsweise ein (denn ich habe mir auch immer Gedanken gemacht, warum ich kaum etwas davon nachfühlen konnte - wenn man von der Angst vor Ärzten absieht) - aber es ist wohl mehr das Alter, dass langsam aber sicher kommt - und das nicht zu verhindernde schlechte Gewissen, ich hätte ihr doch mehr helfen können. 

Ich schiele ein wenig zum Nachruf, den ich 2010 für meinen Vater schrieb, rüber - und weiß doch, dass ich diesen nicht als Schimmel verwenden kann. Aber was meinen Eltern gemeinsam ist, dass sie etwas geschaffen haben. Ich rede nun nicht von diversen zweifelsohne notwendigen Erhaltungsmaßnahmen an Haus und Garten, oder einem sparsamen Leben, um mir die Ausbildung zahlen zu können, sondern um kreative Werke aus denen indirekt auch der spricht, an den sonst die Erinnerung verblassen kann. 

Darunter ist auch manches, das die Erinnerung, so wie ich sie mir gedacht habe, verändert. Ich erinnere mich, dass meine Mutter mir einmal gesagt hat (Es dürfte ein Zitat von jemanden Prominenten gewesen sein, denn sie sammelte gerne Aphorismen) ein wirklich kreativer Akt wäre ein Kunstwerk erst, wenn man, nachdem es fertig ist, sich nicht mehr im Klaren ist, ob man es wirklich selbst gemacht hat. Sie selbst meinte, dass sie weit davon entfernt sei - und doch malte und zeichnete sie. 

Manches liebten wir (Papa und ich), für manches hatten wir hingegen gar nichts übrig.
 Nun habe ich die Zeichenmappe meiner Mutter hervorgeholt und werde einiges sozusagen als bildlichen Nachruf online stellen. 

Landschaft, Öl auf Aquarellpapier ca. 20/15cm, 1978
 Ich erinnere mich an mehre solche Bilder, eines hängt im Rahmen; den Rest suche ich noch; ich hoffe meine Mutter hat nicht ausgemistet (was sie im Gegensatz zu mir recht gern tat). Andererseits ist in dem Bild eh´ schon der Sukus dieser Zeit drin - und es war ein schöne. Ich erinnere mich, dass ich als Kind gerne mehr Bilder von der Sorte gehabt hätte. Nur leider vertrug meine Mutter den Terpentingeruch mit der Zeit nicht mehr und mochte diese Motive irgendwann ebenfalls nicht mehr so gerne.


Blumen im Glas, Aquarell Din A4, 1985

Blumen malte Mama hingegen immer schon gerne. Zwischen 1980 und 1990 musste ich und mein Vater aufpassen, was wir sagten. Ich freute mich einerseits, dass meine Mutter ein Hobby hatte, die sie freute - andererseits konnte ich mit dieser Motivwahl damals nicht viel anfangen. Ich erinnere mich bei der Gelegenheit, dass ich mir mal beim Ostereierbemalen, das wir immer gemeinsam machten, einen Sikorskyhubschrauber H19 als Motiv wünschte, was sie zu meiner vollsten Zufriedenheit erledigte, selbst aber potthäßlich fand.

Nun noch ein paar Beispiele. Heute finde ich das mittlere Bild am gelungensten. Damals mochte ich die Sonnenblume am liebsten. Und beim Obersten gefiel mir immer schon wie "gläsern" das Glas ist. Technikeraugen. Wahrscheinlich.

Rosen in Glasvase, Tempera auf Aquarellpapier, Din A4, 1988
Rosen im Glas, Aquarell, Din A4, 1996
Sonnenblumen in Vase, Deckfarben, Din A4, vermutlich 90´ er Jahre

Das was ich immer vorbehaltlos geschätzt habe und was meine Mutter vor allem gut konnte, wenn sie es beiläufig machte (bzw. weil sie es beiläufig machte), war Portraits zeichnen. Dazu muss ich etwas in die fernere Vergangenheit gehen:
Toni Kirchmair betrieb in den späten Vierziger und frühen Fünzigerjahren in Innsbruck eine private Malschule. Mein Mutter besuchte diese ein oder zwei Jahre. Sie hat ein Empfehlungsschreiben für die Akademie in Wien bekommen, bekam aber zugleich doch kalte Füße (oder warnes mehr meine Großeltern?), sodass es beim Hobby blieb. Sie hat dann meist aus Zeitschriften Photos rausgerissen und danach gezeichnet. Ab und zu auch in einem VHS-Kurs, wobei sie da nie mit sich und der Situation zufrieden war - ich würde es rückblickend eher als Verhalten in Art des Fuchses mit den sauren Trauben ansehen, denn Sie hätte meiner Meinung nach vom allgemeinen Interesse das Zeug für ein bildende Künstlerin gehabt.


Möglicherweise (das vermute ich) Arnulf Rainer; ein gewissen Typähnlichkeit mit Anton Christian, wäre wohl auch gegeben (das würde mir jetzt gut passen, um ein Verbindung zu Anton Kirchmayr herzustellen), Kuli auf Papier, Din A4, undat.
Reimmichl, Bleistift auf Papier, Din A4, undat.
Hermann Hesse (nicht wenige Hesse - Romane fand dich im Nachlass, doch außer Steppenwolf und Peter Camenzind habe ich noch nichts davon gelesen wenn ich von der "fröhlichen Hochjagd" im magischen Theater absehe mit fast schon doderschem Humor, war es für mich eher mühsam zu lesen), Bleistift auf Papier, DinA4, undat.
Johnny Cash (das hätte sie wirklich nicht dazuschreiben müssen), Bleistift auf Papier, Din A4, 1988
Unbekannt, Kuli+Filzstift auf Papier, Din A4 undat.
Unbekannt, Bleistift auf Papier Din A4, undat.


Joseph Ratzinger, Bleistift und Kuli auf Papier, Din A4 undat.

em. Papst Benedikt XVI, Blesitift und Filzstift auf Papier, Din A4 undat.
Sigmund Freud, Bleistift auf Papier, Din A4 undat., aber ziemlich sicher vor den Papstportraits gezeichnet - und es erinnert mich an launige Gespräche, was man mit Kunst, Sport, Reisen usw. zu kompensieren versucht.
In einer Kiste im Dachboden liegt noch ein Stoß Psycholgiebücher. Auch ein Hobby meiner Mutter, dem sie allerdings auf die alten Tage sehr kritsch gegenüber stand. Man kann die letzten drei Portraits durchaus in diesem Zusammenhang sehen  
Das Gesicht als Schlüssel zur Seele. Das hat sie durchaus mitunter gemeint und zugleich, dass man aus dem Äußeren nur sehr schwierig das ablesen kann um was es im Innersten geht.

Nun noch zwei Architekturdarstellungen. Über die meine Mutter im Allgemeinen zu sagen pflegte: Wen interessierts? (da haben wir öfter diskutiert)


Maria Larch, Aquarell Din A4, undat.
Turm im Keuchengarten, Schloss Ambras, Din A4, undat.
Zwar ist dieser Überblick sicher nur ein Schlaglicht auf den sich gemäß  biographischen Daten  zwischen 26.5.1929 und 15.10.2013 aufspannenden Zeitraum  - doch ist es jedenfalls wesentlich für mich. Wahrscheinlich ist es wesentlich für mich, weil gerade diese Bilder Erinnerungsstücke an die Zeiten sind, in denen meinen Mutter nicht nur Mutter war, sondern auch in anderen Tätigkeiten aufging. Und nichts schätzen Kinder mehr (solange sie nicht krank oder hungrig sind), als die Zeiten, in denen die elterliche Fürsorge etwas reduziert ist. Sicher werden sich daran wiederum andere eigene Erinnerungsbruchstücke mit der Zeit ansetzen. 

Wenn ich mit dem Rad über Pradl - momentan bevorzugt über die Grenzstraße zum Straßenbahnbaustelleschauen in die Stadt reinfahre, dann denke ich in letzter Zeit häufiger an meine Mutter, da das über lange Jahre ihr Schulweg in die Hauptschule Rennerschule war - seltsamerweise hatten meine Eltern diese Schule übrigens aus reiner Gewohnheit noch immer Schemmschule genannt. Von den Erlebnissen am Schulweg wurden ab und zu irgendwelche Schwänke hervorgekramt wurden. Jetzt erscheint mir meine Mutter als Jugendliche, wo ihr Leben noch andere - u.a. die oben beschriebenen - Perspektiven offen hatte, beinahe näher als jener Mensch, den ich als Sohn kennengelernt hatte. Die Bilder, die sie gemalt hat, knüpfen wohl auch eher an jene Zeit an.

Alle Abbildungen: Marga Schönherr

1 Kommentar:

Marcellina hat gesagt…

Mein Beleid, etwas nachträglich – ich habe es nicht gewusst.

Mir gefällen das Bild mit dem Ambrasturm und besonders das erste Blumenbild (mit Signatur).