Donnerstag, 6. Oktober 2016

Italienische Reise

Abgesehen von einer Lungenentzündung (langsam genese ich), die den wirkungsvollen Kimaanlagen der Ferrovie del Stato geschuldet ist (leider trug ich im Zug keine Daunenjacke, wie es sonst viele Italiener es tun, wenn die Außentemperaturen unter 15 Grad sinken), nahm ich natürlich auch andere Urlaubseindrücke mit. Die (überwiegend) schönen poste ich nun hier nicht; eher solche, die nachdenklich stimmen. 

Zwischen Ortona und der Mündung des Fiume Sangro, dort, wo die Adriaküste beinahe wie in Cinque Terre aussieht, erstreckte sich seit ca. 1912 im Hinterland ein fast 200km langes, großteils elektrifiziertes schmalspuriges Privatbahnnetz, dass Anfang der Sechzigerjahre auf Normalspur umgebaut und Anfang der Siebziger Jahre nach und nach eingestellt wurde. Ihre wirtschaftliche Amortisierung haben die Investitionen also nicht erlebt, aber die damals beteiligten Baufirmen werden wohl gut daran verdient haben. 

Mittlerweile sind für den Personenverkehr ca. 10km Neubaustrecke von San Vito an den Rand von Lanciano wieder errichtet worden und weitere ca. 10km des alten Netzes werden für den Güterverkehr genutzt. Der Rest steht noch großteils in der Gegend herum und rostet vor sich hin. Nun traue ich zwar den Italienern bautechnisch und organisationstechnisch sehr viel zu, denn die Geschichte beweist einerseits, dass sie an Projekten Jahrzehnte herumbasteln und irgendwann, wenn keiner mehr daran glaubt eröffnen (Bsp. Paoloa-Cosenza, 15km, 1966-1987,  Bsp. Male - Marilleva, 7km, 1997-2003), andererseits ist die Zeit dazwischen ziemlich entmutigend. 

Und so stehen den Aussagen auf der Homepage diese Eindrücke vor Ort gegenüber, bei denen der Unterscheid ziwschen eingestellter und umgebauter Strecke nicht erkennbar ist, deren Hoffnungslosigkeit zwar durch den südlichen Himmel, die positiv eingestellten Menschen und das gute Essen, gemildert wird, aber doch diesen Urlaub stellenweise melancholisch  begleitete. 

Lt. HP FV Sangritana: Tracciato in trasformazione Tramviaria


Lt. HP FV Sangritana:Tracciato Storico sospeso all´esercizio


Auch der Italienischen Transsib von Sulmona nach Isernia (die in Castel die Sangro mit der Foorvia Sangritana Verküpft ist) ist ein ähnliches Schikcsal zuteil geworden. Zwar ist laut Homepage der Fondazione FS der erhalt der Bahn als Touristenstrecke geplant; vor Ort merkt man aber nicht viel davon, außer das die Betreten-Verboten- Schilder für den Gleiskörper recht frisch sind. Mit etwas Glück entdeckt man Plakate, die auf Sonderfahrten hinweisen, die irgendwann einmal möglicherweise in diesem Jahr stattfanden. Offenbar kursieren die Informationen wann wo was fährt nur mehr auf Facebook  ; am 18.9.2016 wäre z.B. ein Zug gefahren, da waren wir aber schon längst wieder über alle Berge. 


Sulmona Intordacqua: Linea non ufficialmente soppressa, utilizzata per la circolazione di treni turistici.

Stato attuale: Linea armata ed efficiente.


Man stelle sich einmal vor, man möchte mit dem Auto von Innsbruck nach Kühtai und müsste sich vorher auf Facebook erkundigen ob die Straße frei geräumt ist und ob z.B. eine gemeinschaftlich als Kolonne organisierte Bier-Sonderfahrt im nächsten Monat stattfindet. Wahrscheinlich wird das jeder für absurd halten; da ich aber im Urlaub auch eine größere Straße (SP 63 in den Monti Sumbruini, Zustand hier: ) gesehen habe, die in einer ähnlichen Situation ist (uns als Radler war zwar egal, da kommt man trotzdem durch), erscheint mir der Vergleich angemessen.

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