Montag, 17. August 2015

Sigismund Franz

Seitenblick beim Amraser Schlossfest
   Sigismund Franz.
Inhaber mehrerer Bischofsstühle. Interessante Ämteransammlung.

Online hab ich den Bildausschnitt gestellt, da ich wohl schon mehrmals daran vorüberging und nun erstmals die Ähnlichkeit des Hintergrundes mit dem Bettelwurf bemerkt habe.
Möglicherweise wurde das Bild beinahe dort gemalt, wo es nun hängt. 

Leider hält man die Fülle der Herrscherportraits, die in solch ehrwürdigen Hallen rumhängen, vorderhand für platt und sieht gerne, schon fast im Spott, über die (unterstellte) Überheblichkeit der damaligen und auch heutigen herrschenden Klassen hinweg. Doch galt damals wie heute "in ictu oculi". Damals war man sich dessen wohl noch wesentlich mehr bewusst.

Was für den Auftraggeber des obigen Gemäldes spricht: Er ließ sich (offenbar in seinem Todesjahr) vor einem sehr dominanten Hintergrund malen, der heute noch so da ist, während der Portraitierte selbst kurz darauf in der Krypta  Jesuitenkirche zu Grabe gelegt wurde. Nachdem ihm im Bild die Berge nicht zu Füßen liegen, sonderen (beinahe) über den Kopf wachsen, dürfte es - so imposant das Bild auf den ersten Blick ist (siehe Vollbild in der Wikipedia) eher eine Demutsgeste sein. Fast meint man in seinem Blick eine gewissen Vorahnung zu sehen....

Er trägt noch die Insignien eines Klerikers (zumindest den Pileolus, und etwas vom Umhang lugt auch über die Rüstung), obwohl er die Ämter in eben diesem Jahr aufgab, um zu heiraten - was sich aber faktisch nicht mehr ausging. 

Eine traurige Geschichte, bei der sich offenbar eine ganze Fülle von Ereignissen in einem Jahr zusammenschob, währenddessen Sigismund Franz noch Modell für sein Portrait saß, um darin zu münden , dass der Arme auf dem Wege von einem Lebensentwurf in den anderen sozusagen im Niemandsland starb. Sein Maler (Giovanni Maria Morandi; hat er´s damals geahnt?) wurde fast dreimal so alt und umklammert sozusagen die Biographie des Portraitierten und vieler anderer.

Anhand dieser spärlichen biographischen Daten könnte man schon beinahe einen Barockroman stricken; nicht im Sinne eines galanten Romans, sondern entsprechend Calderon de la Barca (oder für gelernte Österreicher Franz Grillparzer*, der diese Thematik wieder aufgekocht hat)

*) Nicht dass ich mich da zusehr mit Halbwissen aufplustere: Den Nerv, ein Autos Sacramentales zu lesen hätte ich vermutlich nicht. Durch ein bißchen Grillparzer habe ich mich allerdings vor geraumer Zeit schulbedingt durchgequält. Grillparzer hat bekanntermaßen bei De la Barca "entlehnt". Und Doderers "Umweg", den er selbst als Barockroman bezeichnet, kam mir beim Zusammenfassen der obigen Gesichte besonders in den Sinn, obwohl die zwei Protagonisten im obigen Beispiel nicht annähernd gleichzeitg sterben.

 
Sigismund Franz.

Occupier of several bishop seats. Interesting accumulation of offices.

I've cut out and posted here a section of his portrait which I've probably passed by several times, as I notice just now the similarity of the background with the Bettelwurf (a local mountain) for the first time.

Possibly the picture was painted in nearly the same location as where it now hangs. 

These days, unfortunately, one sees the opulence of these lordly portraits, hanging in such venerable halls, as tedious and the (subordinated) arrogance of the dominant classes of then (and now) is viewed almost with mockery. But, just as today, "in ictu oculi" prevailed. But people back then were probably more cognizant of it.

What speaks in favor of the commissioner of said painting: He had it painted (apparently in the same year that he died) with a very dominant background which still can be seen today, while he himself was laid in the Jesuit church crypt not much later. Since the mountains in the picture do not lie at his feet but rather grow above his head (almost), it may be — as impressive the picture is at first sight (see the full image in Wikipedia) — rather a gesture of humility. One can almost see a certain foreboding in his expression….


He carries the insignia of a cleric (at least the zucchetto, and part of the robe can be seen over the armament), although he gave up the office just that year, in order to marry — which in fact never came about. 

A sad story, in which apparently a whole abundance of events happened in one year, while Sigismund Franz was still sitting for his portrait. The poor man, between two phases of life, died in a no-man's-land, as it were. The painter (Giovanni Maria Morandi; did he intuit anything of this at the time time?) lived nearly three times as long, "bookending" the biography of his subject, and of many others.

On the basis of these meager biographic data one could almost weave together a baroque novel; not in the sense of a galant novel, but along the lines of Calderon de la Barca (or for learned Austrians, Franz Grillparzer*, who reintroduced this theme).

*) Not that I wish to preen over a smattering of knowledge: I probably wouldn't have the nerve to read an autos sacramentales. Although I did manage to suffer through a little Grillparzer for a while, for school. It's well known that Grillparzer "borrowed" from De la Barca. And in particular Doderers "A Detour", which he himself called a baroque novel, came to me while contemplating the face above, although the two protagonists in the above example don't die close to the same time.

(English Translation: Marcellina)




Das Fest selbst? Etwas ins Wasser gefallen
  


Doch im Inneren des Schlosses ein Konzert des allein den Besuch wert war: Flöte und Laute
 



Samstag, 25. Juli 2015

Mullaghmeen Forest

 
Castlepollard, Brunnen im Gedenken an die Sage der Kinder von Lir

 Auch wenn ich im jüngsten Urlaub durch Westmeath wie durch das übrige Irland meist „I´ve been a wild rover for many a year“ oder „The last farewell“ summend geradelt bin, so war es mir doch nicht möglich damit nun wieder in die Stimmung reinzukommen, die dieses spätbarocke Landschaft mit ihren Artefakten frühindustrieller Entwicklungen vermittelt hat. Letztendlich läuft nun während ich schreibe Händels Sarabande u.a. nebenher auf Youtube, mag es auch ein Klischee sein, zur späteren Filmmusik Barry Lyndon diese Stimmung herzustellen. 

Westmeath, das klingt für meine Ohren schon wie flirrender Sommerhitze, der Duft von Heu unter einen hohen dunstig blauen Himmel, große Laubbaumkronen, Herrensitze solcher die es mal waren, und die es noch werden wollen, durch lauschige Heckenreihen und Alleen in kleine Zimmer geteilte Landschaft, dazwischen dann und wann ein Kanal, am Reißbrett eines Ingenieurs wohl schon vor 300 Jahren erdacht, der diese beschauliche Selbstbezogenheit der durch Hecken begrenzten Kästchen durchschneidet und den Blick in eine weite ebenso dunstig blau Ferne öffnet. In diesem „geheimen Garten“ finden sich dann einige wenige verschlafene Städtchen, wie Kinnegad oder Castlepollard, einem fast niederösterreichisch anmutenden Ort. 

Stundenlang radelt man an Feldern und Weiden entlang, jedes durch seine Hecke eine Welt für sich. Man ist in gewisser Weise entrückt, so als wäre man Beobachter in einer Zeitmaschine, der einen Blick, in diese nicht mehr erreichbare Welt werfen darf. Hätte ich nicht Photos gemacht, ich wäre mir nicht mehr so sicher, ob es dort Autos gegeben hat oder nur die altehrwürdige Heuwagen – wie auf dem Gemälde von Constable

Am Nordrand dieser Landschaft, diese begrenzend, nicht jedoch endgültig abschließend erstreckt sich Mullaghmeen Forest mit dem gleichnamigen Gipfel, dem mit 258 m höchsten in Westmeath. Wir wären wohl daran vorbeigeradelt, weiter ins Fore Valley zu den Ruinen der gleichnamigen Abtei. Der Wirt in Castlepollard gab uns aber mit dem Ausdruck dieses Artikels den Tipp, den Wald zu besuchen. Auch die prognostizierte drückende Hitze am kommenden Tage schien dieses Ziel besonders geeignet zu machen. 

Der Wald ist tatsächlich einen Aufforstungsprojekt – allerdings nicht im traditionellen Sinn der Tätigkeit der britischen Forestry Commission bei deren Wiederaufforstungen man in regelmäßigen Abständen durch den Wald durchsehen kann, da die Bäume exakt in einer Reihe gepflanzt wurden, sondern sehr naturnah. 


Beispiele der Aufforstung

Zwar gab es dort nie eine Bahn, die Gegend wurde nur von der Bahnstrecke, die von Mullingar nordwärts verlief ca. 3 km westlich tangiert, doch grenzt der Wald direkt an den Lough Sheelin und weiter südlich (bei Castlepollard) findet man noch den Lough Derravaragh, der ein Rolle in der Sage der Kinder von Lir spielt. Also geschichtsträchtiger Boden (wobei das wohl für ganz Irland gilt). Im Wald selbst sind ausgedehnte Pfade angelegt; man kann dort Reste der früheren Bewirtschaftung (Ruinen von Sommerställen / Hirtenunterkünften, Anlagen für Flachsverarbeitung) sehen. Im Frühjahr sollen im Unterholz des Waldes große Flächen mit Hasenglöckchen blühen. 
 
Ruinen eines alten Stalls am Waldweg


Besucht haben wir den Wald am heißesten Tag des Urlaubs, es hatte 20°. 

Drei Stunden sind wird durch die grüne Dämmerung flaniert, bestiegen den Gipfel und blickten nordwärts zum Lough Sheelin, der unter nordischem Licht und Himmel mit Constable-Wolken vor dem Hintergrund des Berglands von Fermanagh ruhte. 
Lough Sheelin

Südlich räkelte sich Westmeath in seinem spätbarocken Traum –und wir hielte ein wenig inne, um den Platz, der in unseren Irlandreiseführern keine Erwähnung fand noch ein wenig zu genießen: Westmeath, das Unspektakuläre aber Unerwartete, wird einen besonderen Platz in unseren Irlanderinnerungen behalten. 

Westmeath

Montag, 20. Juli 2015

Sommertour

Eine Sommer-Querschnittsmaterie
(von einer erweiterten Paschbergtour letzte Woche)

Sonnenaufgang über den Aldranserfeldern

Aldrans und Bettelwurf im Morgenlicht

Beim Schalensteinhügel westlich der Gletscherkapelle. Stilleben mit Strommasten

Morgenrast. Sistrans.

Sommerfrischevilla (tiroler Heimatstil, gemäß Kunstkataster)

Etwas frühe Neunerrast unterhalb der Neunerspitze am Issanger

Partnersuche im Outback. Die E-maildresse habe ich abgedeckt. Interessierte Damen werden schon suchen müssen. Nicht das der Herr an eine nicht dem Anforderungsprofil entsprechende gerät.

Irgendwo südlich der Gamslauerspitze. Rechts abbiegen. Ist hier wirklich  - obwohl es recht gleichmäßig unwegsam aussieht - angeraten.

...und den Geschrieben Stein hat niemand verschoben.






Samstag, 6. Juni 2015

Landpartie


Eine kleine Landpartie

Ein Spaziergang mit Freunden nach Tantegert.
Amras - Tantegert und retour: 5 (!) Stunden.


Schlosspark Amras
Häher an der Fortmeile

Die Iglerbahn darf natürlich auch nicht fehlen. Diesmal aber in einer Nebenrolle.
Tummelplatz: nun keine Waldeinsamkeit

Die "Waldpolizei" (Beamte des Stadtmagistrats): Nach Unterweisung der Griller (in Tantegert darf man nur den fixen Grill verwenden, der weit genug von dem Bäumen weg steht) und ausführlicher Begutachtung des Polizeifahrzeuges durch die Kinder (sogar Sirene und Lautsprecher durfte ausprobiert werden) geht es wieder zurück zur Einsatzzentrale.
Die Beweisführung zur Theorie eines Freundes zur Entstehung der Schalensteine: Frei nach Asterix (bei den Belgiern) "Belgier beim Eindrücken einer Schale" 
Trotz der Nebenrolle gab es immer wieder Gelegenheiten für Auftritte

Donnerstag, 4. Juni 2015

Amras in alter Ansicht


Fronleichnamsprozession, hinten der Paschberg mit dem Lanserkopf; ich nehme an, dass das Photo in der Zwischenkriegszeit aufgenommen wurde: Nach Errichtung der Hochspannungsleitung vom Achenseewerk nach Innsbruck (das müsste die im Hintergrund erkennbare sein) - also wohl zwischen 1927 und 1938.
Wo aber mag das Bild aufgenommen worden sein?

 Meiner Ansicht  nach auf der u.a. Karte in etwa hier (roter Pfeil)
Der Strommasten rechts der Bildmitte befindet sich im blauen Kreis.
 
Ausschnitt Openstreetmap

 
Die weitere Recherche in TIRIS zeigt allerdings, dass es diesen Weg (der am Ostrand des Bauernhofs "Hofer" verläuft) damals nicht gab, sondern ca. 30m östlich davon ein Weg vom Stecherhof zum Seewirt verlief.

Ein Vergleichsphoto von diesem Standort wäre baulich ziemlich verstellt. 
Man blickt dort heute gegen Hauswände.
Interessanterweise ist ziemlich genau an dieser Stelle wenige Jahre später, während der Bombenangriffe, die Umfahrungsbahn errichtet worden. Diese hätte in etwa dort den Weg der Prozession gekreuzt.

Daher ein nun Blick retour auf den Platz, wo damals die Fronleichnahmsprozession zog:


Amras 2014: Rechts des langen gelben Wohnblocks in Bildmitte blickt man auf das Feld, über das dereinst die Prozession zog.

Direkt auf dem heutigen Weg, Blick in Prozessionsrichtung. Die Wiese ist nun eingezäunt. Der Zaun ein Kriegsrelikt - wie schon einmal gebloggt: Feldflugplatzmattenelemente.  Rechts im Hintergrund das ehemalige Seewirtareal.

Samstag, 30. Mai 2015

Umfahrung Ampass


Blick von der Umfahrung Ampass nach Westen. Vorne Baustelle Fluchtstollen Umfahrungstunnel (Teil des Brennertunnelprojekts), dahinter Häuser in Egerdach, dahinter Schloss Ambras, dahinter Bergiselschanze.
Gegenblick mit den o.g. Objekten von Salfains aus.
Eine neue Perspektive hat sich mit der Umfahrung Ampass eröffnet. Mögen Umfahrungen an sich verkehrsplanerische Dinosaurier in Zeiten wie diesen sein,  so haben sie doch einen Sinn, wenn auch nicht den beabsichtigten:

Denn Umfahrungen verlagern zwar den Autoverkehr. Aber der dadurch frei gewordene Platz andernorts wird ebenso schnell wieder mit Autos aufgefüllt. Der vordergründige Effekt ist also das weiterstricken am Versiegeln der Bodenfläche – und alles was asphaltiert ist, ist in erster Linie Autoland. Umfahrungen diesen also dazu, dass der Autoverkehr besser fließt – und damit auch mehr wird.

Es ist ein ähnliches Prinzip, wie beim Bau von Drainagen in feuchten Wiesen. Mehr Rohre führen zu mehr abgeführten Wasser. Die Weise wird schneller trocken.

Die These, dass Straßen in erster Linie einen Art Kapitaldrainagen sind, über die mittels verbessertem Verkehrsfluss Menschen, Güter und Geld das bisher fein verteilt in der Region war, mittelfristig in größere Zentren langfristig überhaupt von diesem Kontinent weg verlagert wird, ist in diesem Zusammenhang durchaus glaubwürdig. Der Teufel scheißt immer zum großen Haufen (altes Tiroler Sprichwort).

Natürlich meinen es Lokalpolitiker gut. Geplagte Anrainer können vorerst wieder besser schlafen. Doch dauert es nicht lange, bis auf den neu gebauten und den entlasteten Straßen  gleich viel verkehr herrscht. Es sind doch kommunizierende Gefäße, in denen der Verkehrsfluss abläuft. Eine Straße plus einen Umfahrung ergeben zusammen vier Spuren, auf denen der Verkehr fließen kann.

Das Gegenteil von Gut ist gut gemeint.

Ich bin wieder beim alten Thema und wenn ich mich nun noch weiter darin ergehe, hätte ich das hier wohl eher auf „Planung richtig herum“ publizieren sollen.



Hier kommt nun die Paschberg-Spezifische Sichtweise hinzu. Wenn nun also wieder besseres Wissen weiterhin Straßen gebaut werden, wie kann man aus diesem Umstand das Beste machen? Indem man von diesen Bauten das nutzt, was wirklich einen Nutzen hat:
 

Impression aus dem letzten Jahr. Die neue Landmark Innsbrucks. Der "Cut" in den Wäldern von Ampass. Sogar vom Flughafen aus sichtbar,verspricht das einen Perfekte Ausichtslage zu werden
Das bedeutet: ehestmögliche Ispektion der Platzes; lang vor der Eröffnung der Straße in diesem Winter, war deren Trasse schon stark genutzter Radweg ins Mittelgbirge (auch wenn man das Rad manchmal über Felsblöcke tragen musste)

Wie man sieht ist des Straße überall im Innsbrucker Stadtbild präsent....

...und sie eignet sich vorzüglich für eine Nachmittägliche Iglerbahn / Farhradkombination mit Ausrollen bis Amras oder Hall. Die Straße hat ca. 8% Steigung mit Spitzen von ca. 10%. Das ist auch zum rauffahren noch tauglich, da man  Radfahrern auf Radwegen  noch immer, obwohl die RVS für Dauersteigungen maximal 4% erlaubt durchaus auch 8-15% zumutet.Auch das spricht dafür, die straßen als Radweg zu nutzen. Autofahrer scheinen zwar mitunter etwas irritiert zu sein, doch muss man diese auch daran gewöhnen, dass Straßen eben nicht nur fürs Auto da sind. Wären Straßen nur fürs Auto gebaut, dann wären sie wirklich sinnlos.
Und was kommt danach?  Wie man hier rechts im Bild sieht, wird der Brennertunnelaushub dort deponiert. Es handelt sich also bei dieser Schüttung um keinen fortsetzenden Straßendamm. Aber trotzdem...
....was nicht ist, kann ja noch werden. Auch anderswo gibt es geplagte Anrainer (z.B. Thaur, Absam) und da läge ein solche Talquerung doch auf der Hand? Die elegant geschwungene Linie erinnert doch etwas an die Reichsautobahnplanungen mit einer Trasse über Gnadenwald.
Und wir hocken dann in einem stetig enger geknüpften Netz aus verkehrstechnischen Unwägbarkeiten. Ein statisch x-fach unbestimmtes System, das nicht mehr steuerbar* ist.

Das Gesicht der Dummheit ist also 7-8 m breit,  aus Asphalt und hat einen Mittelstreifen.

*)  Bei jeder Straßnbahnlinie und jedem Radweg der diskutiert wird, sind diese Fragen ein Thema; beim Straßenbau jedoch geht man davon aus, dass er selbstredend notwendig ist.
Wie das Gerät, dass diesen Gordischen Knoten löst, aussieht,  weiß ich nicht. Ich glaube es geht eher um Handlungsweisen. Ein Straße ist ja an sich nicht schlecht, und man kann sie durch vernüftige Nutzung zu etwas gutem machen. Dazu muss man aber erkennen, dass entgegen der Indoktrinierung in der Autowerbung mit dem Erwerb eines Autos nicht gleichzeitig Vernuft erworben werden kann. Eher ist das Gegenteil der Fall.

Montag, 25. Mai 2015

Die Zeit, die Zeit....


In letzter Zeit habe ich immer wieder einmal meinen alten Photoalben geschmöckert. 
Meist handelt es sich um mehr oder weniger pflichtgemäß erledigte Personenaufnahmen, die den Lauf der Zeit dokumentieren. Doch gar nicht so selten drängt sich dann  irgendwo ein Hintergrund - und seien es nur Andeutungen von Silhouetten - ins Bewusstseind es Betrachters und man schweift ab vom eigentlichen Erinnerungsmotiv.
Schon im Zuge meiner Arbeit frage ich mich dann und wann, wann sich ein Ort wirklich verändert, bzw. worin nun der Wiedererkennungswert von Orten liegt, wenn sich erstaunlich viel ändert und doch manches gleich bleibt, sodass der Genius Loci erhalten bleibt.

Ich werde in nächster Zeit gelegentlich solche Beiträge einstreuen - sie haben zwar weniger mit dem Paschberg, aber doch mit dessen unmittlbaren Umgebung zu tun:

Um 1930 auf den Feldern zwischen Amras und der Rossau (Brennweite ca. 50mm); im Vordergurnd meine Mutter, ihrer Cousine und eine Tante, im Hintergrund thront das Brandjoch, rechts am Hang Nebengebäude des Treichlofs und einer Schmiede, dahinter der Nazhof und im Dunst die Gehöfte jenseits der Amraser-Seestraße (= heutiger Südring)
Auf diesem Orthophoto aus den Vierzigerjahren in etwa hier wurde die Aufnahme gemacht.
 
25.5.2014 auf dem verbleibenden Feld zwischen Amras und ..... (Brennweite ca. 35mm). Die Bäume wurden dichter. Vor dem Bereich wo man 1930 im Dunst Bauernhöfe erahnen konnte hat sich an der Ferdinand Kogler Straße ein großer Wohnebau hineingesetzt. Kaum sichtbar ist der Dez-Parkplatz, der jedoch im Luftbild 1940 eine wesentlichen Teil der Felder abdecken würde. Das Brandjoch hat heute ein Haube - aber es ist da.
 
wenn man den Blick jedoch weiter fasst, hat sich doch etwas geändert. Rechts im Bild ist das Ikea gerade im Begriff weiter zu wachsen: Es verbleiben kaum 80m.

Was man an diesen Bildern erkennt: Warum man in der Raumplanung versucht  Freibereiche zu erhalten. Sie geben Blicke frei und diese ändern sich dann über die Jahre kaum. Es entsteht so ein verbindendes Element über die Zeiten. Erst dadurch wird einen Identifikation mit der Ort möglich. 

Es sind also nicht in erster Linie Häuschen mit Satteldächern oder, wie im Bild oben um besondere Menschen (die auf Bild 1 gibts nur mehr auf dem Photo), an denen unsere Heimatwahrnehmung hängt, sondern die vebindenden übergeordneten Elemente vor dessen Hintergrund sich die gelebt haben, an die wir uns erinnern. 
Vielleicht wird in 10 oder 20 Jahren an Stelle dieses Trampelpfades nur mehr ein 10 bis 20m breiter Grasstreifen mit einem Radweg zwischen Bäumen (links) und einem erneut angewachsenen Ikea (rechts) entlang führen. Wenn jedoch dieser Streifen so beschaffen ist, dass er den Blick des Bildes aus dem Jahre 1930 in etwa einfängt - also man dort das Brandjoch sieht, so wird es gelungen sein, einen  Ausblick gerettet zu haben, der durch den Raum und zugleich durch ein ganzens Jahrhundert reicht.

Vielleicht wirkt das dann so ähnlich, wie in dieser Geschichte:

1988 war ich einige Tage in London. In der Jugenherberge Highgate. Täglich bin ich damals am späteren Nachmittag vorbei am Whittington Stone die Straße von Archway (U-Bahn) in den Ort hinauf gegangen. Im Ortszentrum von Highgate (irgendwo hier) blickte man auf der gegenüberliegenden nördlichen Straßenseite der B519 mitunter zwischen den Häusern auf Dahinterliegendes. Highgate, war, wie viele Londoner Stadteile auch einmal ein Bauerndorf. Wenn man nun durch diese Zwischenräume der gegenwärtigen Bebauung  blickt, sieht man im günstigsten Fall auf Grünanlagen, im schlechtsten Fall auf irgendwelche Hinterhöfe. In einzelnen Fällen jedoch sieht man weitaus in die Landschaft und es springt einen die Erinnerung an etwas an, das man selbst gar nicht gesehen hat (allenfalls kennt man irgendwelche Archetypen aus Constable- und Gainsborough-Gemälden),  das aber doch ziemlich sicher an dieser Stelle einst zu sehen war; Nämlich der Blick über weite sanft gewellte Felder im nachmittäglichen Licht. Mitunter hauchte einem aus diesen Zwischenräumen dann noch ein warmer Windstoß an, der eine Ahnung von Heugeruch mitbrachte, den sich die Sinne jedoch nur so einfach dazudachten, da er hier längst nicht mehr existierte.
Tatsächlich gibt es dort in der weiteren Umgebung nur mehr endlose Felder der altbekannten englischen Reihenhäuser - trotzdem hat man es geschafft, den Geist der Landschaft zu bewahren. Nicht zuletzt daran liegt es wohl, dass man Highgate noch immer als besonders dörflichen Londoner Ortsteil ansieht.

Montag, 18. Mai 2015

Entrisches

Entrische* Igler-Bahnen am anderen Ende Österreichs:

Nicht ganz entrisch im Sinn der Wiener, da noch diesseits der Donau, für einen Tiroler jedoch in ausreichendem Maße entrisch: Die Liliputbahn im Prater, die wohl längste fahrende Manner-Packung.

Und noch entrischer, quasi an den östlichsten Enden Österreichs; am Rande der ungarischen Tiefebene, im allerdings ziemlich gebirgigen Burgenland - wie man bei der Draisinenfahrt von Horitschon nach Oberpullendorf recht bald (mit ca. 60 Höhenmetern) merkt.
*) entrisch: jenseitig, nicht dem gewohnten ähnlich; 
Man sieht - ganz so entrisch ist die Angelegenheit dann doch wieder nicht: Durch ganz Österreich gefahren, um wieder das zu finden, was es auch am Paschberg gibt ;-)

So habe ich die Photos dieses Wochenende nach wirklich exotischem durchforstet, um letzendlich den Eidnruck zu gewinnen, das man im Urlaub doch nur das sieht, was man sehen will.

Nicht dem gewohnten ähnlich?
Vielleicht das hier?
Wienerwaldbauernhaus am Fuße des Schöpfl

Oder doch das hier?
Emu unweit der Gloriette von Schönbrunn. Hinterkopf mit Gehöröffnung.
Wie weit man auch reist. Sich selber nimmt man immer mit. Wenn man dann die Photos durchforstet, um jenes zu finden, dass nun so gar nicht in den üblichen Kanon hineinpasst, wird man nicht so bald fündig.

Meine Wahl für diesen Wienaufenthalt fällt auf die Emu-Portraits. Für jemanden wie mich, der bei Emu zuerst eher an "Electric multiple unit", als an ein Tier denkt, geschweige denn sich mit der Gestalt der Emu-Ohren auseinander gesetzt hat, dürfte dieser Eindruck der ungewohnteste dieser Wienreise sein.


Detail am Rande: Die Locken am Hinterkopf erinnern im Gegensatz zum übrigen Gesicht an Bruno Kreisky  - insbesondere so, wie sie Ironimus in seinen Karrikaturen überzeichnete. Womit wir allerdings wieder bei gewohnten Wiener Eindrücken angelangt sind ;-)

Samstag, 9. Mai 2015

Satoyama

Über den etwas sperrigen Titel einer Studentarbeit "Gesellschaftliche Vorstellungen vom Wald in Japan und Deutschland" bin ich auf den Begriff Satoyama gestoßen. Er bezeichnet ursprünglich die bäuerlichen Ortschaften zugeordneten Wirtschaftswälder in Japan. Diese haben natürlich den selben Nutzungs- und Bedeutungswandel erfahren, wie bei uns. Sie bleiben aber Projektionsflächen menschlicher Sehnsüchte und Idealvorstellungen. 
Japan hat, was mir nicht bewusst war, einen wesentlich höheren Waldanteil als Mitteleuropa (Deutschland 31%, Tirol, 40%, Japan 67%). 
Das würde man bei den dortigen Bevölkerungszahlen nicht erwarten. Selbst Shikoku, das in etwa flächenmäßig mit Tirol vergleichbar ist, hat trotzdem es die "bevölkerungsärmste" Insel Japans ist, noch 4 Mio Einwohner. Wenn man sich das Satellitenbild ansieht, besteht diese Insel wohl aus Wald und Menschen.

From an academic paper with the somewhat cumbersome title “Societal Agendas of Forest in Japan and Germany”,  I recently learned of the concept of Satoyama. It originally defined the managed forests of Japanese agricultural communities. These forests have naturally undergone the same changes in use as ours have. They continue, however, to be objects of projection of human desires and ideals.

Japan has a considerably higher percentage of forest land than central Europe, which I hadn’t known (Germany has 31%, Tyrol 40%, Japan 67%). The national population figures would lead one to assume otherwise. Even its most sparsely populated island, Shikoku, which is geographically comparable to Tyrol, has 4 million inhabitants. From satellite photos, however, one sees that this island consists primarily of forest, and people.


Weg am Waldrand von Tantegert nach Aldrans Path on the forest’s edge between Tantegert and Aldrans

Kürzlich geriet ich in eine Diskussion, inwieweit der in Österreich und Tirol stetig wachsende Wald die Attraktivitivtät des Landes mindert. Ich vertrat die Meinung, dass ein Mehr an Wald ein Vorteil sein kann. Die Argumente für meinen Standpunkt:
Der in der Diskussion angeführte Nachteil des Waldes - die Sichtbehinderung - ist zugleich auch sein Vorteil:
Durch die Waldvegetation wird der Naturraum in Wände und Zimmer zerteilt. 
Das führt selbst auf kleinestem Raum zu differenzierten räumliche Qualitäten, die sich mit den Jahren durch das Auswachsen der Vegatation wandeln.  
Das Licht kommt durch die Überschirmung auch von seitlich unten und somit gibt es im Wald auch an schönen Tagen Beleuchtungseffekte, die sonst nur bei besonderen Wolkenstimmungen entstehen.
Der Wald verdeckt den Blick . Er schirmt damit aber auch diese sich sets vermehrenden Dinge ab, die man, gerade , wenn man Erholung sucht, nicht immer vor Augen haben möchte.

Um wieder auf "Satoyama" zurückzukommen. Ich denke, dass die Kombination aus Erholungswald und urbansiertem Raum ein taugliches Konzept ist, um städtische Verdichtung erträglich zu machen. Insofern stellen also vielleicht das vorige Bild und das nun folgende (als einen vorwiegend künstliche Landschaft) ein sich gegenseitig bedingendes Begriffspaar dar (so als bräuchte man bei Siedler von Catan zum Bauen einer Stadt gaaanz viel Wald).

 Recently I got into a discussion about whether the increasing forested area in Austria and Tyrol lessened its attraction (for planning uses). I was of the opinion that more forest can be an advantage. My reasons:

One “disadvantage” brought up in the discussion, reduced visibility, can be at the same time an advantage:
forest growth provides a sort of breaking up of the larger area, creating “walls” and “rooms”.
These smaller areas evolve and take on different qualities over time.
Sunlight passing through forests creates attractive lighting effects, which in bare areas are only seen on cloudy days.
Woodlands obscure the views of more unattractive sights for the viewer.

Coming back to Satoyama: I see the combination of recreational forest and urban area as an attractive concept,  a way of making the density of the living and working spaces more tolerable. One may see the two images posted here as parts of a mutually dependent “Gesamtkunstwek” ( will sooo much forest be needed when playing Settlers of Catan?)



Klinik Innsbruck, Dämmerung unter der Überbauung zwischen Frauen/Kopfklinik und Medizinzentrum Anichstraße Building complex on the campus of the Innsbruck Hospital, at dusk.